(ots) - Bundeskanzler Werner Faymann meldet sich zum Thema
Wissenschafts- und Forschungspolitik wirklich nicht oft zu Wort. Wenn
er aber darüber spricht, dann lässt er nur grundsätzliche Wahrheiten
hören, die trotz des wechselvollen politischen Alltags lange halten.
Als er zum Beispiel öffentlich bekundete, Österreich werde doch
nicht, wie von Ex-Wissenschaftsminister Johannes Hahn gewünscht, aus
dem europäischen Kernforschungszentrum Cern austreten, sagte er den
wohlklingenden Satz: "Wir wissen, dass Forschung Verlässlichkeit und
Nachhaltigkeit braucht." Ein Versprechen, das mehrfach eingehalten
wurde: Österreich trat bekanntlich nicht aus dem Cern aus. Die
Grundlagenforschung hat unter Faymann aber auch verlässlich mit
stagnierenden Budgets, wenngleich auf hohem Niveau, zu kämpfen. Es
gilt natürlich, die Finanzkrise zu bedenken. Zahlreiche hausgemachte
Löcher wurden gestopft. Staatshilfen müssen vergeben werden. Nur ein
Beispiel: Die Hypo-Alpe-Adria-Bank. Dennoch müsste sich eines der
reichsten Länder der Welt deutlich mehr Geld für jene Stätten leisten
können, wo Wissensvermittlung und Grundlagenforschung betrieben
werden sollten: in den Labors der Universitäten. Im Wettbewerb um die
besten Köpfe, wie es immer recht großspurig heißt, holen die
heimischen Unis, das IST Austria und die großen Akademie-Institute,
nämlich immer mehr renommierte Wissenschafter ins Land. Sie stellen
immer mehr qualitativ hochwertige Anträge an den Wissenschaftsfonds
FWF, der aber derzeit eben ein stagnierendes Budget hat. Zum Glück
gibt es den Europäischen Forschungsrat (ERC), bei dem viele heimische
Wissenschafter Erfolg haben. Aber was kommt danach? Müssen die ins
Land geholten Top-Wissenschafter dann eben wieder ins Ausland gehen,
weil sie hier keine Grants einwerben können? Sieht so der Plan aus,
eine führende Nation in Wissenschaft und Forschung zu werden?
Vielleicht ist Kanzler Faymann ja nicht bewusst, was
Grundlagenforschung bedeutet: Ein intellektuelles Eintauchen in
Vorgänge in der Natur und in der Gesellschaft, das sicher mehr Wissen
schafft und zu Entdeckung und neuen Entwicklungen führen kann, aber
nicht muss. In vielen Fällen brauchen diese Wissenschaften teure
Labors. Mit ihnen kann man zwar keinen Wahlkampf gewinnen, aber
Ausbildungsplätze und Freiräume für Ideen schaffen.
Grundlagenforschung hat primär auch nichts mit Industrie zu tun,
weshalb sie politisch vielleicht nicht ganz so wichtig genommen wird.
Das wäre ein grober Denkfehler, denn auch die Industrie braucht die
Unis. Es darf aber auch daran gezweifelt werden, ob Vizekanzler
Michael Spindelegger weiß, was es bedeutet, freie Wissenschaft zu
fördern. Derzeit betreibt er auf dem Rücken dieses Themas vor allem
Wahlkampf, indem er sechs Prozent Forschungsquote propagiert. Eine
Benchmark, die kein Land erreicht, und die auch völlig unrealistisch
ist. Er sagt den potenziellen Wählern: Ich verspreche euch etwas,
aber ich gestehe auch, dass ich es nicht halten kann. Bis zur
Nationalratswahl wird sich nichts ändern an der Rhetorik von Faymann
und Spindelegger: Es ist schwer zu sagen, wer von den
Spitzenkandidaten der SPÖ und der ÖVP weniger glaubwürdig für die
Wissenschaft dieses Landes eintritt - oder vielleicht doch den Mut
hat, die schier endlose Phase der Stagnation zu verlassen.
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