(ots) - Der Deutsche Ethikrat gibt Empfehlungen für die 
Überarbeitung der Verordnung über die rechtmäßige Durchführung einer 
Präimplantationsdiagnostik (PIDV) der Bundesregierung ab.
   Am 14. November 2012 verabschiedete das Bundeskabinett den Entwurf
einer "Verordnung über die rechtmäßige Durchführung einer 
Präimplantationsdiagnostik" (PIDV). Die Verordnungsermächtigung dazu 
findet sich in § 3a Abs. 3 S. 3 des Embryonenschutzgesetzes (ESchG), 
der durch Gesetz zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik 
(Präimplantationsdiagnostikgesetz - PräimpG) vom 21.11.2011 neu 
eingefügt wurde. Demnach ist die Bundesregierung ermächtigt, das 
Nähere zur Anzahl und zur Zulassung von Zentren, an denen die PID 
durchgeführt werden darf, zur Einrichtung, Zusammensetzung, 
Verfahrensweise und Finanzierung der Ethikkommissionen für die PID, 
zur zentralen Dokumentationsstelle für die PID und zu den 
Meldepflichten an diese Zentralstelle zu regeln. Diese 
Rechtsverordnung bedarf der Zustimmung des Bundesrates.
   Der Deutsche Ethikrat nimmt zu der PIDV mit folgenden Empfehlungen
Stellung:
   1. Den Grundsatz der ausnahmsweisen eng begrenzten Zulassung einer
PID wahren
   Die Vorgaben des § 3a ESchG - gründsätzliches Verbot und nur 
ausnahmsweise Zulässigkeit  der PID - müssen nach Auffassung des 
Deutschen Ethikrates in der Verordnung strikt umgesetzt werden. Die 
organisations- und verfahrensrechtlichen Vorgaben des durch das 
Bundeskabinett verabschiedeten Entwurfs genügen diesen Anforderungen 
nicht. Dies zeigt sich inbesondere in unzureichender Transparenz und 
ungenügenden Kontrollmöglichkeiten durch den Gesetzgeber, im Verzicht
auf eine Begrenzung der Zahl der PID-Zentren und in mangelhaften 
Verfahrensvorgaben für die Ethikkommissionen.
   2. Transparenz herstellen und Kontrolle des Gesetzgebers 
ermöglichen
   Der Deutsche Ethikrat begrüßt den in der Begründung der PIDV 
genannten Vorschlag zu einer Einigung der Länder auf eine bundesweit 
tätige Zulassungsstelle für PID-Zentren. Durch ein solches Vorgehen 
können am besten die erforderlichen hohen Qualitätsmaßstäbe bei der 
Beratung der Betroffenen, der Begutachtung von Anträgen durch eine 
Ethikkommission und der Durchführung der PID sowie Transparenz über 
die Durchführung der PID in Deutschland nach bundesweit einheitlichen
Kriterien gewährleistet werden.
   Aus Sicht des Deutschen Ethikrates müssen die in § 3a ESchG 
vorgegebenen Informationspflichten der PID-Zentren an die zentrale 
Dokumentationsstelle so ausgestaltet werden, dass der Gesellschaft 
und dem Bundestag eine Übersicht über die Anwendung der begrenzten 
Zulassung der PID und damit gegebenenfalls korrigierendes 
gesetzgeberisches Handeln möglich sind. Detaillierte Angaben über Art
und Umfang der durchgeführten Maßnahmen einer PID müssen, wie in 
anderen Ländern Europas, eine für die Zentren und die betroffenen 
Paare, aber auch für die Gesellschaft aktuelle Übersicht über die 
PID-Praxis in Deutschland sicherstellen und einen Beitrag zur 
Qualitätssicherung leisten. Die in der jetzigen Fassung der 
Verordnung zusätzlich eingeführte Meldung des Vererbungsmodus einer 
erblichen Krankheit (Chromosomenstörung, autosomal-dominant, 
autosomal-rezessiv und geschlechtsgebunden) reicht dazu nicht aus. 
Vielmehr sind für den ersten Begründungstyp für die Durchführung 
einer PID (hohes Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit für die 
Nachkommen) Informationen über die Erkrankungswahrscheinlichkeit der 
Nachkommen und die zu erwartende Krankheitsausprägung erforderlich. 
Im Hinblick auf den zweiten Begründungstyp (hohe Wahrscheinlichkeit 
einer Tot- oder Fehlgeburt) ist eine Angabe über den Grund der 
Annahme, dass eine schwerwiegende Schädigung des Embryos zu erwarten 
ist, sowie über die angenommene Höhe der Wahrscheinlichkeit 
erforderlich. Auf diese Weise kann der mittelbaren Entstehung einer 
Indikationsliste entgegengewirkt werden, ohne dem Bundestag die 
Kontrollmöglichkeit über eine nicht dem gesetzgeberischen Willen 
entsprechende Verschiebung der Grenzen bei der PID-Anwendung zu 
entziehen.
   3. Anzahl der PID-Zentren beschränken
   Nach Auffassung des Deutschen Ethikrats lassen sich die 
Gesetzesziele nicht allein durch die Festlegung von 
Qualitätsanforderungen erreichen; vielmehr bedarf es dafür einer 
zahlenmäßigen Begrenzung der PID-Zentren in der Verordnung, wie es 
der Gesetzgeber vorsieht. In Deutschland werden derzeit laut der 
Begründung zur PIDV pro Jahr maximal  300 Fälle von 
Präimplantationsdiagnostik erwartet. Die Anzahl der zu errichtenden 
Zentren ist daran zu bemessen, dass diese Zahl an Diagnostiken 
angemessen durchgeführt werden kann, dass die Zentren für die 
Betroffenen erreichbar sind und dass die PID allein in Ausnahmefällen
unter Beachtung hoher medizinischer Standards durchgeführt wird. Auf 
dieser Grundlage hält der Deutsche Ethikrat die Begrenzung auf drei 
Zentren für wünschenswert. Das bedeutet, dass nicht alle 
Einrichtungen, die die Qualitätsanforderungen erfüllen, wie derzeit 
in der PIDV vorgesehen, auf Antrag als Zentrum zugelassen werden 
können. Ergänzend zur zahlenmäßigen Begrenzung hat der 
Verordnungsgeber die Zulassungsvorschrift als Ermessensvorschrift 
auszugestalten. Im Übrigen hält der Deutsche Ethikrat es nicht für 
sinnvoll, dass reproduktionsmedizinische und humangenetische 
Einrichtungen durch Kooperationsvertrag ein PID-Zentrum bilden (§ 3 
(2) PIDV).
   4. Anzahl der Ethikkommissionen beschränken
   Aus Gründen der Qualitätssicherung und der einheitlichen 
Rechtsanwendung empfiehlt der Deutsche Ethikrat zudem, die Anzahl der
Ethikkommissionen entsprechend zu begrenzen. Ihre Anzahl kann auch 
geringer als diejenige der PID-Zentren sein.
   5. Bundeseinheitliche Verfahrensvorgaben für die Ethikkommissionen
bestimmen
   Der Verordnungsvorschlag des Bundes beschränkt sich auf eine nur 
rahmenhafte Festlegung der Zusammensetzung und die Regelung der 
Unabhängigkeit der Ethikkommissionen; die genaue Regelung der 
Zusammensetzung, der Berufung, des internen Verfahrens und der 
Finanzierung der Ethikkommissionen bleibt den Ländern überlassen. 
Dies birgt die Gefahr uneinheitlicher Regelungen und 
Entscheidungspraktiken. Der Deutsche Ethikrat hält diese geringe 
Regelungsdichte vor dem Hintergrund der durch eine PID betroffenen 
Grundrechte für nicht ausreichend. Davon unabhängig kann nach 
Auffassung des Deutschen Ethikrates eine weitere Festlegung der 
Kommissionsverfahren und -befugnisse nicht durch 
Selbstverwaltungskörperschaften satzungsrechtlich auf der Grundlage 
von Landesrecht erfolgen, da die grundrechtswesentlichen Bereiche 
zumindest durch die Landesgesetzgeber geregelt werden müssen.
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