PresseKat - DER STANDARD-Kommentar "Österreich, ein elitärer Klub" von Irene Brickner

DER STANDARD-Kommentar "Österreich, ein elitärer Klub" von Irene Brickner

ID: 751029

(ots) - Dass eine Vereinigung oder auch ein Klub, um als
exklusiv zu gelten, seine Zugangsbedingungen schärft, ist in der
sogenannten besseren Gesellschaft kein unbekannter Vorgang. Sollte
das, was besagter Klub anzubieten hat, auch attraktiv genug sein,
wird es sich wohl um eine Erfolgsstrategie handeln.
Die Frage jedoch ist, ob dieses Vorgehen auf Bereiche übertragen
werden kann, in denen keine Privilegien zelebriert, sondern
Sicherheiten und Rechte gewährt werden - so wie es bei Einbürgerungen
in Österreich der Fall ist: Wer Österreicher wird, erwirbt damit die
Sicherheit, selbst samt Kindern und Kindeskindern ein für alle Mal in
Österreich ein Aufenthaltsrecht zu besitzen.
Und er oder sie erhalten das Recht, auf allen politischen Ebenen
mitzubestimmen: per Wahlrecht, bei dem es sich, wie
Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz vor wenigen Wochen im
Standard-Interview sagte, um ein "Goodie" handelt.
Hier widersprechen Experten wie der Migrationsforscher Rainer
Bauböck. Sie warnen davor, die Trauben allzu hoch zu hängen. Je
strenger das Einbürgerungsrecht, desto größer die Gruppe der vom
Wahlrecht Ausgeschlossenen - und desto weniger repräsentativ die
Demokratie in der Einwanderungsgesellschaft, argumentieren sie. Ein
berechtigter Einwand.
An diesem Problem nun wird auch der Vorschlag zum
Staatsbürgerschaftsgesetz neu nichts ändern, den Kurz am Wochenende
per Kronen _Zeitung kommuniziert hat. Denn sein auf das Prinzip
"Einbürgerung durch Leistung" abzielende Dreistufensystem orientiert
sich an einem Exklusivitätsdenken, das den Beitritt zum Klub vielen,
die vor der Pforte warten, für immer verwehren kann.
Sollte etwa für den Erwerb des Ösi-Passes nach langen zehn Jahren
tatsächlich "Deutsch auf Mittelschulniveau" unabdingbar sein, so
bleibt wohl eine ganze Reihe Menschen, die erst als Erwachsene in
Österreich alphabetisiert wurden und daher Deutsch nur auf




Alltagsniveau beherrschen, unberücksichtigt; auch beim Wählen. Und
die offenbar unverändert hohen Einkommenshürden werden Bezieher von
Niedrigeinkommen ausschließen, so wie bisher schon.
Und dennoch ist dieser Entwurf, der jetzt mit der SPÖ erst im Detail
verhandelt werden muss, auch zu loben: zum Beispiel wegen der
geplanten Beseitigung des Missstands, dass auch eine bereits
zugesagte Staatsbürgerschaft verwehrt werden kann, wenn der
Einbürgerungswillige den Job verliert. Warum jedoch etwa im Fall von
Menschen, die fälschlicherweise als Österreicher gelten, dieser
Irrtum 15 Jahre lang bestehen muss, um die Staatsbürgerschaft
bedingungslos zu verleihen, ist unverständlich. Härtefälle sind hier
schon wieder programmiert.
Werte hingegen soll die neue Rot-Weiß-Rot-Fibel vermitteln, die
derzeit vom Integrations-Expertenrat im Innenministerium erarbeitet
wird. Die Fibel-Inhalte sollen in die künftigen
Staatsbürgerschaftstests einfließen, die bisher vielfach wegen ihrer
Lebensfremdheit kritisiert wurden.
Doch auch, wenn grundsätzlich zu loben ist, dass es bei dieser
Prüfung künftig weniger um historische Schlachten, sondern um
"Grundlagen des Zusammenlebens" gehen soll. Dass diese just aus der
Verfassung extrahiert werden, die von Politikern per
Verfassungsgesetzbeschluss so gern gebeugt wird, wenn sie in ihrer
Grundrechtsorientierung Kanten beweist, ist zumindest bemerkenswert.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

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Datum: 28.10.2012 - 18:16 Uhr
Sprache: Deutsch
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"Der ÖVP-Vorschlag fürs Einbürgerungsrecht nimmt den Ausschluss vieler in Kauf" - Ausgabe 29.10.2012



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