(ots) - Sechs Jahre lang wurden signifikant weniger von jenen
Frauen, die sich via EMS-Auswahltest für einen Medizinstudienplatz
beworben haben, zum Studium zugelassen als von den konkurrierenden
Männern. Und? Tja. Ist halt so. Die Empörung darüber war eher
akademisch. Auf der virtuellen Agora der Online-Foren kam das
Phänomen nicht lautstark als Diskriminierung der Frauen an. Aber
jetzt! Männer-Diskriminierung! Weil die Med-Uni Wien mit einer
genderspezifischen Auswertung auf das offenkundige Gender-Problem
reagiert hat. Empörend? Nein. Es sei denn, es findet sich wer, der im
Jahr 2012 allen Ernstes behauptet, dass Frauen intellektuell halt
doch nicht so geeignet sind, den Arztkittel zu tragen wie Männer.
Der Test ist ein Test ist ein Test. Und die schiefen Ergebnisse sagen
mehr über ihn und seine - auch genderblinden - Defizite aus als über
Arzt- und Ärztin-Sein. Der EMS-Auswahltest hat einen
naturwissenschaftlichen Überhang, der einem im Kern hochsozialen
Beruf nur ansatzweise gerecht wird. Er erzählt etwas über
geschlechterspezifische Zuweisungen durch Schule und Erziehung. Vor
allem berührt er im Kern eine zentrale wissenschaftstheoretische
Frage: die nach dem Geschlecht von Leistung und Exzellenz. Wer
definiert, was relevant, exzellent oder zu wenig ist? Und wer
profitiert von dieser Definitionsmacht systematisch? Es gilt also
auch hier der Stéphane Hesselx{2588}sche Imperativ: Empört euch!
Aber über das Richtige.
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