(ots) - Es geht um 18.816 Menschen. 18.816 Asylwerber, die
für ein Achteinhalbmillionen-Volk, wie es die Österreicher sind, wohl
eine überschaubare Zahl darstellen sollten. Sie zu beherbergen und zu
versorgen - denn es handelt sich um Schutzbefohlene, die aufgrund
internationaler Vorgaben zu beherbergen und zu versorgen sind -
müsste in einem Land, in dem 2011 rund 126 Millionen Mal touristisch
genächtigt wurde, eigentlich bewältigbar sein.
Aber so ist es keineswegs, im Ge_genteil. An Asylwerberquartieren
herrscht akuter Mangel - und in etlichen Pensionen und Heimen sind
die Lebensbedingungen mies, ja manchmal sogar gesundheitsschädlich:
ein besorgniserregender und ärgerlicherer Befund, umso mehr, als sich
Österreich, im Unterschied zu anderen europäischen Staaten, 2004
immerhin zur Schaffung einer Versorgungsinfrastruktur durchgerungen
hat.
Warum, so fragt man sich, funktioniert dieses System, das mit einigem
Aufwand geschaffen wurde, so unzureichend? Wie ist es möglich, dass
die vielfach schlechte Qualität der Asylwerberunterbringung von
politischen Playern in Kauf genommen wird? - Es dürfte an der
Bequemlichkeit der Beteiligten liegen, und manchmal an politischem
Kalkül.
Letzteres ist etwa der Fall, wenn der Kärntner Landeshauptmann
Gerhard Dörfler im Standard-Interview meint, das schlechte Image der
"Sonderbetreuungsanstalt für mutmaßlich kriminelle Asylwerber" auf
der Saualm habe wohl mit dem Namen der Örtlichkeit zu tun. Man könne
diese ja in "Heidi-Alm" umtaufen - während ihm zu den Berichten über
eklatante Unterbringungsmängel kein ernsthaftes Wort einfällt.
Das klingt witzig, ist aber zynisch. Es dokumentiert, wie mit dem
"Asylanten"-Thema Stimmung gemacht wird, gegen Betroffene und ihre
Unterstützer. Weil Flüchtlinge, diese relativ kleine, auf staatliches
Wohlwollen völlig angewiesene Bevölkerungsgruppe, seit Jahrzehnten
Sündenböcke der Nation sind.
Tatsächlich wurde und wird Asylwerbern vom Missbrauch der Gesetze und
öffentlicher Gelder bis hin zu angeblich ausgeprägter Kriminalität
meist Schlechtes unterstellt. Die so entstandenen Ressentiments sind
mehrheitsfähig - auch unter Wirten. Ja, sie haben sich zu
Selbstläufern entwickelt, vor denen man in Parteizentralen,
Ministerien und Behörden vielfach lieber den Kopf einzieht.
Wen soll es also wundern, wenn sich Flüchtlinge in Pensionen mit
Gastgebern vom Charme der bösen Großmutter aus Horváths Geschichten
aus dem Wiener Wald herumschlagen müssen?
Dieses sozusagen atmosphärische Problem ist ein Hauptgrund dafür,
dass die Flüchtlingsunterbringungsmisere so schwer in den Griff zu
bekommen ist. Die von Wiener Seite jetzt aufgezeigte finanzielle
Unterdotierung ist ein Symptom dessen. Ebenso das jahrelange
behördliche Wegschauen in Gasthöfen mit undichten Dächern und
Schimmel an den Wänden.
Was das Geld angeht, weist eine höchstgerichtliche Entscheidung in
Deutschland die Richtung: Es gibt auch in Österreich keinen Grund,
anzunehmen, dass die Versorgung eines Asylwerbers weniger als jene
eines Inländers durch Sozialhilfe kostet. Und was Missstände in
Unterkünften betrifft, ist trotz Landeskompetenzen auch das
Innenministerium gefordert. Letztverantwortlich für Flüchtlingsfragen
ist immer noch der Bund.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
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