(ots) - In wenig Branchen hat sich der massenwirksame
Aufbruch ins digitale Zeitalter so schnell vollzogen wie in der
Musikwelt. Kein heute 30-Jähriger kann sich vorstellen, was es für
die Jugend der 80-er Jahre bedeutete, dass sich ihre Musik in
Bewegung setzte. Und in deutlich weniger als 25 Jahren wird niemand
mehr verstehen, dass es dafür einmal eines Fernsehers bedurfte. Bevor
der deutsche Ableger von MTV an den Start ging, gab es im
Öffentlich-Rechtlichen - wenige - Clip-Shows. Die Eltern räumten
widerstrebend die Wohnzimmercouch. Von den ungewohnt schnellen
Schnitten wurde ihnen übel. Und die zwischen neongreller
New-Wave-Optik, schwarz-weißer Avantgardeästhetik und strafrechtlich
noch unbedenklichem Gangsta-Getue schillernden Auftritte fanden sie
oft genug obszön. Eine neue Kunstform sahen sie darin nicht. Dabei
ist Michael Jacksons "Thriller" heute ein kulturgeschichtlicher
Meilenstein - natürlich weil der großartige John Landis ihn drehte
und nicht, weil Michael Jackson sich darin als Zombie in den Schritt
greift. Die bildende und darstellende Kunst hat sich den Videoclip
einverleibt, kaum eine Installation oder Theaterinszenierung kommt
ohne aus. Auf Musikkanälen mit aktuellen Hits sind hingegen nur noch
selten Juwelen zu entdecken - dafür viel lasziv wippendes Fleisch und
doofe Shows. Das beste, was man Musikkanälen noch abgewinnen kann,
sind originelle Ex-Moderatoren wie Sarah Kuttner, Christian Ulmen
oder Joko und Klaas. Aber auch die haben Konkurrenz bekommen durch
YouTube. Coldmirror etwa hat mit ihrem Kanal Kultstatus erlangt und
wird millionenfach geclickt. Das Internet wird zur wichtigen
Startrampe. Mit "Video Killed The Radio Star" begann einst das
Musikfernsehen. Mit "Internet Killed MTV" wird es vielleicht
abgeschaltet.
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