(firmenpresse) - Bereits mehrfach hatten wir an dieser Stelle über die juristisch hoch umstrittene Frage der vorzeitigen Kündigung nicht voll besparter Bausparverträge durch die Bausparkassen berichtet. Medienberichten zufolge wird der BGH voraussichtlich im kommenden Jahr nun über die Rechtmäßigkeit des seitens der Bausparkassen im Rahmen vorzeitiger Kündigungen herangezogenen Sonderkündigungsrechts entscheiden.
Bausparkassen wollen unlukrative Altverträge loswerden
Wie ebenfalls an dieser Stelle schon des Öfteren berichtet, sind Bausparkassen seit dem vergangenen Jahr verstärkt dazu übergegangen, vermeintlich unattraktive – da hoch verzinste – Altverträge zu kündigen. Hintergrund: Viele Bausparer nutzen den Bausparvertrag nicht – wie ursprünglich vorgesehen – als Grundlage für ein Darlehen, sondern setzen die Besparung auch nach Beendigung der Ansparphase fort. Damit - so der Vorwurf der Bausparkassen - nutzen solche Anleger die Bausparverträge als durchaus attraktive Kapitalanlage und konterkarierten hiermit den eigentlichen Sinn eines Bausparvertrages.
Bausparkassen berufen sich auf gesetzliches Kündigungsrecht
Die Bausparkassen begründen die Kündigung mit dem Kündigungsgrund des § 489 I Nr. 2 BGB. Danach kann der Darlehensnehmer (in diesem Falle die Bausparkasse) das – in Form der Sparraten durch den Bausparer bediente – Darlehen kündigen, sobald 10 Jahre nach Ablauf des Empfangs verstrichen sind. Dabei argumentieren die Bausparkassen damit, dass es sich bei Bausparverträgen um einen Darlehensvertrag mit der Besonderheit eines Rollentauschs handele: Ab der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens tauschen Sparkasse und Sparer ihre Rollen als Kreditgeber und – nehmer. Während der Ansparphase – so die Ansicht der Bausparkassen – sei die Sparkasse die Darlehensnehmerin und könne daher auch auf das gesetzliche Kündigungsrecht zurückgreifen.
Frankfurter Rechtsprofessor erachtet Kündigungsgrund für unrechtmäßig
Einem bereits am 21.09.2016 erschienenen Bericht des Onlineportals Fonds-Online hält der Frankfurter Rechtsprofessor Tobias Tröger widerspreche die seitens der Bausparkassen angewandte Auslegung des § 489 BGB dem Willen des Gesetzgebers. Den Bausparkassen – so das Fazit von Professor Tröger – stehe daher weder ein ordentlicher noch ein außerordentlicher Kündigungsgrund zu.
Professor Tröger: Kündigungspraxis widerspricht gesamtwirtschaftlichem Interesse
Zudem würde der seitens der Bausparkassen angewandte Sonderkündigungsgrund der Aufgabe der Bausparkassen, das Risiko von Zinsänderungen in deren Geschäft zu berücksichtigen, nicht gerecht. Ein Sonderkündigungsrecht würde nach Trögers Auffassung den Bausparkassen den Anreiz nehmen, Zinsänderungen in deren Verträge einzukalkulieren. In guten Zeiten Gewinne einzustreichen und in schlechten Zeiten einzustreichen widerspreche nach Meinung Trögers eindeutig dem gesamtwirtschaftlichen Interesse.
BGH Entscheidung für 2017 erwartet
Nachdem – wie gleichfalls an dieser Stelle bereits berichtet – schon in diesem Jahr einige obergerichtliche Entscheidungen zugunsten von Bausparern gefällt wurden, wird sich nun im kommenden Jahr der BGH mit der strittigen Kündigungspraxis auseinandersetzen.
Ãœber das Verfahren werden wir an dieser Stelle berichten
Neue Kündigungsklausel bereitet Verbraucherschützern Sorge
Wie das Portal T-Online am 05.12.2016 berichtet, müssen sich etliche Bausparer der LBS Südwest 2020 auf eine neue Kündigungswelle einstellen. Hintergrund ist eine 2005 von der LBS Südwest eingeführte Klausel, wonach Verträge nach Ablauf von 15 Jahren gekündigt werden können, sofern sie bis dahin nicht in Darlehen worden sind.
Verbraucherschutzzentrale Baden-Württemberg erhebt Klage
Laut dem T-Online Bericht hatte die Verbraucherschutzzentrale Baden-Württemberg Klage gegen die LBS Südwest eingereicht, nachdem selbige die Frist für eine Unterlassungserklärung hatte verstreichen lassen. Nun muss das Landgericht Stuttgart über die Rechtmäßigkeit der Klausel entscheiden. Über das für den 23.02.2017 terminierte Verfahren werden wir an dieser Stelle weiter berichten.
Kündigungsklausel von mehreren Bausparkassen übernommen
Recherchen von T-Online zufolge müssen nicht nur die in Baden-Württemberg und Rheinland Pfalz beheimateten Kunden der LBS Südwest mit einer Kündigungswelle rechnen. Neben der Badenia hatte auch der Verband der Privaten Bausparkassen die umstrittene Kündigungsklausel 2013 in deren Musterverträge übernommen.
VZ Baden-Württemberg erhebt auch Klage gegen Badenia und Verband der Privaten Bausparkassen
Nachdem auch hier die Verbraucherschutzzentrale beide Parteien erfolglos abgemahnt hatte, werden nach bereits erfolgter Klageeinreichung die angerufenen Gerichte über die Rechtmäßigkeit der Kündigungsklausel entscheiden müssen.
Ãœber den Verfahrensverlauf werden wir an dieser Stelle ebenfalls informieren.
LBS Bayern plant in Kürze weitere Kündigung von Altverträgen
Weitaus früher als die Kunden der vorgenannten Institute dürften Bausparer der LBS Bayern in den kommenden Monaten unliebsame Post in deren Briefkasten wiederfinden: Wie das Onlineportal Fonds-Online am 06.12.2016 berichtet, plant die LBS Bayern bereits schon in den kommenden Monaten, Kunden, die die volle Bausparsumme angespart oder seit mehr als 10 Jahren kein Bauspardarlehen aufgenommen haben, das Vertragsverhältnis zu kündigen.
Was können betroffene Bausparer jetzt tun?
Betroffene Bausparer sollten im Falle einer ergangenen Kündigung oder in einem der im vorherigen Absatz aufgeführten Fallkonstellationen unbedingt einen auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Fachanwalt konsultieren und deren individuellen Fall umfassend überprüfen lassen.