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   Das Problem ist: Man weiß nie, wann es so weit ist. Binnen weniger
Tage können die Temperaturen in Richtung Nullpunkt oder darunter 
sinken. Wenn dann noch Eisregen und Schnee dazu kommen, wird es auf 
Straßen und Wegen plötzlich gefährlich. Von einem Moment auf den 
anderen werden in der Folge die Grundstücksbesitzer 
verkehrssicherungspflichtig.
   Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat für seine 
Extra-Ausgabe Urteile deutscher Gerichte zum Thema Winterdienst 
gesammelt. Unter anderem geht es darum, wie breit die geräumte 
Schneise auf dem Bürgersteig sein muss, ob Wohnungseigentümer zum 
Streuen zwangsverpflichtet werden können und was geschieht, wenn ein 
Passant trotz eines nahen geräumten Weges einen nicht bearbeiteten 
Pfad wählt.
   Wenn ein Winterdienst seinen vertraglich zugesicherten Aufgaben 
nicht nachkommt und das selbst auf ausdrückliche Aufforderung 
weiterhin nicht tut, dann muss dieser Auftragnehmer für die 
Übertragung des Räumens auf eine andere Firma aufkommen. Hier hatte 
ein neues Unternehmen erst einmal eine sieben Zentimeter dicke, feste
Schnee- und Eisdecke aufhacken müssen. Das Verwaltungsgericht Berlin 
(Aktenzeichen 1 K 259.10) entschied, der ursprüngliche 
Vertragspartner habe die Kosten dafür in Höhe von rund 630 Euro zu 
tragen
   An manchen Tagen müsste ein Grundstückseigentümer eigentlich 
ständig mit Schaufel und Besen bereitstehen, weil fortlaufend neuer 
Nachschub an Schnee und Matsch entsteht. Doch es gibt einen 
"Vorbehalt des Zumutbaren", wie das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg
(Aktenzeichen 215 C 116/10) urteilte. Bei einem stark frequentierten 
Ort - hier ein zentraler U-Bahnhof - könne zwar sogar eine Reinigung 
im Drei-Stunden-Rhythmus noch zu wenig sein, weswegen der 
Verkehrssicherungspflichtige bei einer Unterschreitung hafte. Das 
müsse man allerdings bei einem Eigenheimgrundstück großzügiger sehen,
ein Bereitschaftsdienst in diesem extremen Ausmaß sei von privater 
Seite nicht zu erwarten.
   Häufig sieht es die Hausordnung vor, dass Mietern der Winterdienst
über-tragen wird - im Falle mehrerer Parteien zum Beispiel 
wöchentlich wechselnd. Ein älterer, auf die 80 zugehender Mieter, der
die Pflicht lange Zeit erfüllt hatte, bat um eine Befreiung. Es sei 
ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich, Schnee zu 
schippen. Das Landgericht Köln (Aktenzeichen 1 S 52/11) sah das 
ebenfalls so. Diese Belastung sei dem Mieter nicht mehr zuzumuten, 
zumal die Eigentümerin ja auch eine Firma beauftragen und die Kosten 
hätte umlegen können.
   Bürgersteige müssen im Regelfall nicht auf ganzer Breite geräumt 
und auf diese Weise vollständig von Schnee und Eis befreit werden. 
Gerichte sehen es als ausreichend an, wenn eine Schneise geschaffen 
wird, die es zwei Fußgängern gestattet, vorsichtig aneinander vorbei 
zu gehen. Wenn nicht klar ist, ob sich ein Unfall auf der zu 
streuenden Gehsteigmitte oder in deren unbearbeiteten Umfeld ereignet
hat, dann muss der Grundstückseigentümer bei einem Unfall auch nicht 
haften. Das Landgericht Berlin (Aktenzeichen 10 O 211/14) hatte sich 
nach Anhörung eines Sanitäters und eines anderen Zeugen vom Geschehen
keine sichere Meinung bilden können.
   Die Mitglieder einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern können 
nicht durch Mehrheitsbeschluss zur Übernahme der Räum- und 
Streupflicht im turnusmäßigen Wechsel verpflichtet werden. Nach 
Ansicht des Bundesgerichtshofs (Aktenzeichen V ZR 161/11) ist für 
diese Aufgabe nicht das einzelne Mitglied zuständig, sondern der 
gesamte Verband der Eigentümer. Wenn keine Einigung über ein 
freiwilliges Erbringen des Winterdienstes erzielt werden kann, muss 
die Verkehrssicherungspflicht durch Vergabe an einen Dritten 
gewährleistet werden.
   Wenn ein Hauseigentümer die Räum- und Streupflicht an seine Mieter
delegiert, dann muss er dabei auch für eine nachvollziehbare, konkret
gefasste und gerechte Regelung sorgen. Wer lediglich einen 
Schneeräumplan aufstellt und diesen in die Briefkästen der Mieter 
einwirft, der erfüllt als Eigentümer nach Ansicht des 
Oberlandesgerichts Hamm (Aktenzeichen 9 U 38/12) nicht die nötigen 
Voraussetzungen. Es habe, so hieß es im Urteil, an einer "klaren 
Absprache" gefehlt, "die eine Ausschaltung von Gefahren zuverlässig 
sicherstellte". Dem Vermieter hätten sich "erhebliche Zweifel 
aufdrängen" müssen, "ob die vorgenommene Zuständigkeitsverteilung 
Beachtung finden würde".
   Ein Fußgänger ist gehalten, einen geräumten und gestreuten Weg zu 
benutzen, falls dieser zur Verfügung steht. Begibt er sich trotzdem 
auf einen nicht behandelten Weg, obwohl ihm das nicht einmal einen 
zeitlichen Vorsprung bringt, dann muss man bei einem Sturz von einem 
weit überwiegenden Mitverschulden des Verunglückten sprechen. Das 
Landgericht Karlsruhe (Aktenzeichen 6 O 205/12) entschied nach 
Betrachtung des Einzelfalles, dass der Passant mit seinem Verhalten 
den Umständen nicht ausreichend Rechnung getragen habe und deswegen 
selbst haften müsse.
   Wenn ein Eigentümer verpflichtet ist, den "nächstgelegenen" Gehweg
winterdienstlich zu versorgen, dann muss er das im Normalfall auch 
tun. Allerdings stößt das auf gewisse Grenzen. So hatte eine 
Anwohnerin gar keinen unmittelbar an ihr Grundstück angrenzenden Weg,
stattdessen nur einen zum Parken genutzten unbefestigten Randstreifen
und die Fahrbahn. Der nächste Bürgersteig folgte erst auf der anderen
Straßenseite. Das Verwaltungsgericht Berlin (Aktenzeichen 1 K 366.11)
urteilte, dass die Fahrbahnmitte eine natürliche Grenze bilde, über 
die hinaus keine Verpflichtung zum Winterdienst bestehe.
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