(ots) - In dem Konflikt um den Osten der Ukraine gibt es
nur auf dem Verhandlungsweg eine nachhaltige Lösung. Deshalb hat die 
Bundesregierung gut daran getan, trotz der verhängten Sanktionen 
weiter das Gespräch mit Russland zu suchen. Leider bisher mit wenig 
Erfolg. Das im September erzielte Abkommen von Minsk ist heute nicht 
viel mehr als Makulatur. Entgegen der feierlichen Versprechen 
eroberten die pro-russischen Separatisten 500 Quadratkilometer an 
ukrainischem Staatsgebiet hinzu. Die jüngste Offensive verhöhnt nicht
nur das Bemühen, einen friedlichen Ausgleich zu finden. Die 
eingesetzten russischen Kampfpanzer und Mannschafts-Transporter, 
Artillerie und Raketenwerfer finden sich nicht zufällig im Arsenal 
Separatisten wieder. Sie kamen samt dazugehörigem Personal direkt 
über die Grenze. Nach Erkenntnissen der Nato unterstützen mindestens 
1000 russische Soldaten und Agenten die Offensive. 70 Jahre nach Ende
des Zweiten Weltkriegs bricht Russland damit ein Tabu in Europa, das 
die Änderung von Staatsgrenzen mit Gewalt von Außen nicht erlaubt. 
Allen voran haben die Nato-Partner im Baltikum und Polen Anlass 
besorgt zu sein, dass dieses Beispiel Schule macht. Ihre Bedenken 
sollten gerade in Deutschland verstanden werden, dessen Sicherheit 
bis zum Fall der Mauer auf einer glaubwürdigen Verteidigung basierte.
Die zugespitzte Situation in der Ukraine macht es erforderlich, den 
Blick neu auf die bisherige Reaktion des Westens auf die eklatante 
Verletzung der Souveränität eines unabhängigen Staates in Europa zu 
richten. Das tat eine hochkarätige Expertengruppe in Washington, die 
gestern ein Positionspapier vorlegte, das mehr Militärhilfe für die 
Ukraine empfiehlt. Darunter auch die Lieferung panzerbrechender 
Waffen, Drohnen und Defensiv-Systeme. Dahinter steht die Erkenntnis, 
dass weder Sanktionen noch guter Verhandlungswille die Zyniker im 
Kreml von ihrem gefährlichen Kurs abgebracht haben. Solange das 
Risiko für Russland bei einer direkten Beteiligung an den Kämpfen in 
der Ukraine nicht steigt, gibt es für Wladimir Putin wenig Anlass, 
sein Verhalten zu ändern. Die Lieferung von Abwehrwaffen an Kiew 
kategorisch auszuschließen, könnte sich als tragische Fehlkalkulation
erweisen. Die bisher überlassenen Nachtsichtgeräte und schusssicheren
Westen reichen jedenfalls nicht, der Ukraine zu helfen, die 
Integrität ihres Staatsgebiets zu bewahren. Genau darum geht es bei 
dem Konflikt, in dem Putin testet, wie weit er mit seiner 
neo-völkischen Sammlungspolitik gehen kann. Erlaubt ihm der Westen 
dort, neue Regeln aufzustellen, wird er es auch andernorts versuchen.
Deshalb sollte geprüft werden, ob andere Schritte nötig sind, Moskau 
zu echten Verhandlungen zu bewegen.
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Andreas Kolesch
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