(ots) - Der Turbo-Gipfel von Brüssel ist mit der 
Lebensweisheit über die neuen Besen, die bekanntlich besser kehren, 
nur unvollkommen erklärt. Donald Tusk hat als neuer Ratspräsident der
Union nicht einfach die Tagesordnung gestrafft und die Beratungen 
besser vorbereitet. Er verfolgt die Idee einer anderen europäischen 
Arbeitsteilung.
   Europas Staats- und Regierungschefs sollen sich nicht länger wie 
der Vormund von Kommission, Parlament und Ministerrat aufführen, 
sondern sich auf ihre ureigenen Aufgaben in der Gemeinschaft 
konzentrieren: den Austausch über die langfristige Ausrichtung der 
Union pflegen, aber nicht Verkaufsverbote für Glühbirnen erfinden. 
Die Spitzenrunde muss das Verhältnis zu Russland bestimmen, nicht 
aber Details des Binnenmarktes durchkauen. Tusk setzt die stärkere 
Demokratisierung der Union fort, die mit den Spitzenkandidaten bei 
der Europawahl begonnen hat. Er will den EU-Gipfel wieder zu einem 
politischen Forum machen, das der Union eine Richtung gibt.
   Wie das funktionieren kann, zeigt der Umgang mit dem neuen 
Investitionsprogramm, das zum Aufbruchssignal der EU wird, wenn es 
vernünftig ausgearbeitet und in Kraft gesetzt wird. Die Staatenlenker
haben dem Papier aus der Feder des Kommissionspräsidenten die 
Richtung gewiesen, die exakte Ausarbeitung aber an die Gremien 
übertragen.
   Aus diesen ersten Grundzügen nun ein funktionsfähiges Instrument 
zu machen, ist Sache der Kommission und des Parlamentes. Und sie 
werden noch viel zu tun haben. Denn viele Mitglieds-staaten gehen 
offenbar davon aus, sie könnten ihre überfälligen 
Infrastrukturprobleme aus diesem neuen Fonds bezahlen.
   Dass Deutschland marode Autobahnbrücken mit EU-Geldern wieder auf 
Vordermann bringen möchte, ist verständlich. Aber das darf nicht Sinn
und Zweck des neuen Programms sein. Schon deshalb nicht, weil man 
private Investoren braucht, die aus dem Kapitalgrundstock erst ein 
schlagkräftiges Paket gegen die Arbeitslosigkeit machen können. Das 
wird nur dann möglich sein, wenn man sich konzentriert auf 
europäische Projekte, die grenzüberschreitenden Nutzen haben. Ob das 
fehlende Stromtrassen oder Pipelines, Datenautobahnen oder 
Forschungsvorhaben sind, die mit nationalen Mitteln allein nicht 
finanzierbar sind. Aber sie müssen so angelegt sein, dass die Gelder 
helfen, die grassierende Arbeitslosigkeit zu beseitigen. Wenn 
Großbritannien neue Atommeiler bauen will, hilft das keinem jungen 
Spanier, der seit Jahren einen Job sucht.
   Der EU-Gipfel hätte besser dieses Signal deutlicher gesetzt, 
anstatt Reibereien über die Vergabe der Gelder zuzulassen. Die 
Effizienz solcher Gipfeltreffen bemisst sich nicht allein an ihrer 
Dauer. Es geht auch darum, dass Staats- und Regierungschefs 
verstehen: Von ihnen werden Signale erwartet, Botschaften, die etwas 
bewirken. Es ist bedauerlich, dass dies jetzt vergessen wurde.
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Andreas Kolesch
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