(ots) - Die Einweihung des "Nationalen Museums zum 11.
September" durch US-Präsident Obama signalisiert einen
geschichtsbewussten Aufbruch in eine neue Zukunft. Nicht zufällig
geht dieser einher mit der bevorstehenden Vollendung des 1776 Fuß
hohen "One World Trade Center", das als neues Wahrzeichen New Yorks
die eingestürzten Zwillingstürme ersetzt. Sowohl die Pläne für das
Museum als auch den Wolkenkratzer waren von leidenschaftlichen
Kontroversen begleitet, die beide Projekte immer wieder aufhielten.
Dass es seit den Terroranschlägen an dem sonnigen Dienstagmorgen im
September fast dreizehn Jahre dauerte, diesen Meilenstein zu
erreichen, hat viele frustriert. Zumal Geduld nicht gerade zu den
typischen Eigenschaften der Amerikaner zählt. Statt tatenkräftig die
Leere zu füllen, starrte die Nation über Jahre auf eine offene
Baugrube. Aus praktischer Notwendigkeit, aber auch ein wenig
schamhaft umgibt seit Ende der Aufräumarbeiten ein Zaun "Ground
Zero". Die klaffende Wunde im Herzen Manhattans geriet so zum Symbol
der Seelenlage einer Nation, die Zeit brauchte, das Trauma des 11.
September zu verarbeiten. Die fast 3000 Toten des World Trade Centers
stehen für den schlimmsten Gewaltakt auf amerikanischem Boden seit
den blutigen Metzeleien des Bürgerkriegs. Und sie zählen für so viel
mehr, weil weltweit rund zwei Milliarden Menschen sahen, wie sie ums
Leben kamen, als das Symbol amerikanischer Finanzmacht vor ihren
Augen pulverisierte. Dem Schock angesichts des Grauens folgte die
Wut; dem Wunsch nach Rache an al-Qaida und deren Beschützern in
Afghanistan, die Hybris des Kriegs in Irak. Statt sie ins Museum zu
stecken, schrieben die USA die Geschichte des 11. September fort. Mit
dem Ende der Kriege in Irak und Afghanistan ist dieses Kapitel nicht
abgeschlossen, steht aber vor einer Zäsur. Unbewusst folgten die
Wiederaufbau-Arbeiten an "Ground Zero" über die Jahre diesem
Rhythmus. Die Angehörigen der Opfer, die Nachbarn in New York, die
Nation, aber auch die Bürger der Welt brauchten Zeit, den 11.
September Geschichte werden zu lassen. Was etwas anderes ist, als die
Ereignisse im Museum verschwinden zu lassen. So gesehen ist der
Begriff für sich genommen nicht ganz trennscharf. Das "Nationale
Museum zum 11. September" ist mehr als das. Es ist ein Ort der
Erinnerung, des Gedenkens, der Reflexion, des Lernens und vor allem
der Emotionen. Der Abstieg über eine Rampe in die Tiefen "Ground
Zeros" macht den Besuch zum Pilgergang an den Ursprung unserer
kollektiven Erfahrung. Dass er sich unter den Granitbecken des
9-11-Denkmals danach in verschiedene Richtungen gabelt, steht für
seine Unabgeschlossenheit. Das Gegenstück ist der nicht minder
symbolische Aufstieg des lichtdurchfluteten "One World Trade
Centers", das heute schon die Skyline über Manhattan prägt. Es strebt
nicht gerade auf, sondern windet sich nach oben zum höchsten Gebäude
der westlichen Hemisphäre. Ausdruck einer wiedergefundenen
Leichtigkeit, die sich ihrer Herkunft bewusst ist. Davon zeugen die
bombensicheren Stahlanker und Betonmauern. In den kommenden Tagen
werden die ersten Elemente des Zaunes demontiert, der Museum und "One
World Trade Center" trennen. Die letzten werden verschwinden, wenn im
November die ersten Mieter in den Wolkenkratzer einziehen. Das ist
gewissermaßen der Moment, wenn das Pflaster von der Wunde gezogen
wird. Die Eröffnung des Museums am 21. Mai dürfte dazu beitragen, den
Heilprozess zu beschleunigen, der es erlaubt, von "Ground Zero" in
eine neue Zukunft aufzubrechen.
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