(ots) - Bau von Windparks auf See für Meerestiere immer
noch sehr laut - Teststandorte für die Anwendung alternativer
Gründungsvarianten sowie finanzielle Anreize gefordert
Den Bau von Offshore-Windparks naturverträglich zu gestalten,
zählt zu den großen Herausforderungen im Rahmen der Energiewende. Mit
ihrer zweiten Fachtagung zum Unterwasserschallschutz beim Bau von
Offshore-Windparks setzt die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) deshalb
den konstruktiven Dialog zwischen Politik, Offshore-Windindustrie,
Wissenschaft sowie Natur- und Umweltschutz fort. Dieser soll an die
bisher erzielten Fortschritte anknüpfen und Lösungsvorschläge für
vorhandene Defizite entwickeln.
Für die Industrie ist der Bau von Offshore-Windkraftanlagen noch
immer eine große Herausforderung. Die Errichtung von Fundamenten für
Windenergieanlagen auf See überschreitet trotz schallminimierender
Maßnahmen häufig noch immer den Lärmschutzwert von 160 Dezibel und
gefährdet dann Meerestiere erheblich. Im Rahmen der Tagung
diskutieren die Teilnehmer deshalb über ökologische Auswirkungen von
Unterwasserschall auf die Meeresumwelt, die aktuelle Baupraxis und
den Einsatz innovativer Maßnahmen zur Schallminderung und
alternativer Gründungstechniken, um daraus die Aufgaben einer aktiven
Politik für einen wirksamen Unterwasserschallschutz zu formulieren.
"Der beim Bau der Windenergieanlagen entstehende Schall ist so
laut, dass er Fische, am Boden lebende Tiere und Meeressäugetiere
vertreiben, verletzen oder sogar töten kann. Gerade für die
gefährdeten Schweinswale ist ein intaktes Gehör für Kommunikation,
Orientierung und Beutefang lebenswichtig. Daher ist die Einhaltung
der naturschutzrechtlichen Anforderungen bei der Erteilung von
Genehmigungen und beim Bau von Offshore-Windenergieanlagen
unverzichtbar", erklärt der DUH-Bundesvorsitzende Prof. Harald
Kächele.
Die DUH und andere Umweltverbände hatten das Schallschutzkonzept
des Bundesumweltministeriums im Dezember 2013 einerseits als dringend
benötigte Regelung und wegweisenden Schritt begrüßt, es andererseits
jedoch auch als unzureichend kritisiert: "Vor allem in der besonders
sensiblen Fortpflanzungszeit brauchen Schweinswale einen stärkeren
Schutz vor Lärm. Das naturschutzgesetzliche Störungsverbot ist nur
unzureichend umgesetzt. Für andere Meerestiere gilt die Regelung gar
nicht. Außerdem sind Windparks in der Ostsee und vor Dezember 2013
genehmigte Windparks in der Nordsee von ihr ausgenommen", kritisiert
der DUH-Bereichsleiter Naturschutz Ulrich Stöcker. Das aktuelle
Schallschutzkonzept sei lediglich der kleinste gemeinsamer Nenner und
müsse aufgrund künftiger Erfahrungen und Forschungsergebnisse
überprüft und weiterentwickelt werden. Kächele betonte außerdem, dass
dabei sowohl kreative technische Lösungen als auch eine aktive
Politik gefragt seien.
Die DUH fordert die Bundesregierung auf, Teststandorte für die
Anwendung alternativer Gründungsvarianten sowie finanzielle Anreize
zur Verfügung zu stellen. Beim Bau der Fundamente für
Windenergieanlagen auf See gibt es bereits vielversprechende
Lösungsansätze, die den Rammschall auf ein erträgliches Maß
minimieren oder ganz vermeiden. Bei der Umsetzung naturverträglicher
Konzepte haben innovative Firmen jedoch oft Schwierigkeiten.
Geeignete Teststandorte stehen nicht zur Verfügung und Betreiber mit
genehmigten Standorten setzen nach wie vor auf die "bewährte"
Impulsrammung, um Unsicherheiten zu vermeiden, die neue Technologien
immer mit sich bringen.
Die Tagungsdokumente stehen nach der Veranstaltung unter
http://www.duh.de/schallschutz-tagung_2014.html zur Verfügung. Die
gemeinsame Stellungnahme der Umweltverbände zum Schallschutzkonzept
der Bundesregierung finden Sie unter
http://l.duh.de/p070514#download.
Hintergrund:
Mit dem Gesetzentwurf zur Novellierung des
Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in 2014 hat die Bundesregierung
im April 2014 bekannt gegeben, die Ausbauziele für die
Offshore-Windkraft zu reduzieren. Bis 2020 sollen vor den deutschen
Küsten, vor allem in der Nordsee, statt 10 000 Megawatt nur noch rund
6 500 Megawatt Offshore-Windenergie Leistung installiert werden.
Bisher sind rund 600 Megawatt Offshore-Windenergie in Betrieb, jedoch
bis zu 40 000 Megawatt in Planung. Aus Sicht des Naturschutzes sind
vor allem diejenigen Planungen kritisch zu prüfen, die einem
naturverträglichen Ausbau der Offshore-Windenergienutzung am ehesten
entgegenwirken. Das betrifft zum Beispiel Windparks in direkter
Umgebung zu europäischen Naturschutzgebieten.
Angesichts dieser zahlreichen geplanten Offshore-Windparks in der
Nordsee ist eine zeitliche und räumliche Koordinierung der
Bauaktivitäten auf See dringend erforderlich. Auch muss die
kumulative Wirkung vieler tausend Rammschläge auf die Meerestiere
untersucht und in Schutzkonzepte integriert werden. Das Gleiche gilt
für die Überlagerung mit bisher kaum berücksichtigten anderen
Nutzungen, wie zum Beispiel Fischerei, Ölförderung und Schiffsverkehr
und den mit diesen verbundenen Gefährdungen. Des Weiteren besteht
Forschungsbedarf für schallinduzierte Störungen und für die
Auswirkung von Unterwasserschall auf Fische, Benthos, Wirbellose und
Schweinswale.
Die 2. DUH-Schallschutz-Tagung mit dem Titel "Wege zu einem
wirksamen Unterwasserschallschutz beim Bau von Offshore-Windparks"
wird vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des
Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
(BMUB) gefördert und von der Deutschen Umwelthilfe in Zusammenarbeit
mit den Meeresbiologen Karin Lüdemann und Sven Koschinski
durchgeführt.
Pressekontakt:
Ulrich Stöcker, Leiter Naturschutz
Mobil: 0160 8950556, E-Mail: stoecker(at)duh.de
Dr. Peter Ahmels, Leiter Erneuerbare Energien
Mobil: 0151 16225863, E-Mail: ahmels(at)duh.de
Daniel Hufeisen, Pressesprecher
Tel.: 030 2400867-22, Mobil: 0151 55017009, E-Mail: hufeisen(at)duh.de