(ots) - Da ist er mal wieder: der bequeme Deutsche. 
Gemütlich, ja faul wärmt er sich die Füße am heimischen Herd, während
Amerikaner, Franzosen und Briten in aller Welt für unsere Sicherheit 
sorgen. Dieses Bild kennt man zur Genüge. Immer wieder wird die 
pazifistische Grundhaltung weiter Bevölkerungskreise als bloße 
Bequemlichkeit diffamiert - von jenen, die sich ein stärkeres 
Engagement der Bundesrepublik in den globalen Krisenherden wünschen.
   Neu ist, dass ein Bundespräsident mit so deutlichen Worten für die
Mobilisierung Deutschlands trommelt: Die deutsche Zurückhaltung müsse
ein Ende haben, sagte Joachim Gauck gestern zum Auftakt der Münchener
Sicherheitskonferenz. Er forderte einen "Mentalitätswechsel" und 
sprach wörtlich von "Weltabgewandtheit und Bequemlichkeit".
   Worauf sich das Land in den kommenden Jahren einstellen müsse, 
hatte zuvor bereits Bundesverteidigungsministerin Ursula von der 
Leyen skizziert: deutlich mehr Bundeswehreinsätze im Ausland, auch 
und gerade auf dem afrikanischen Kontinent.
   In einem Punkt haben beide Recht: Deutschland kann sicher nicht 
auf Dauer eine Insel der Glückseligen bleiben, wenn außerhalb Europas
Armut und Chaos herrschen. Und ja, Deutschland und Europa brauchen 
endlich eine abgestimmte Afrika-Strategie. Wenn nicht aus humanitären
Gründen, dann zumindest aus reinem Eigennutz: Damit sich nicht noch 
gigantischere Flüchtlingsströme anschicken, die "Festung Europa" zu 
stürmen.
   Aber diese Strategie kann keine militärische sein. Sie muss vor 
allem darauf ausgerichtet sein, den wirtschaftlich am Boden liegenden
Staaten Afrikas wieder auf die Beine zu helfen - mit Know-how, Geld 
und vielerlei Kooperationen. Dies ist die einzige Lösung, die dem 
noch immer von Kolonialismus und Ausbeutung gezeichneten Kontinent 
tatsächlich auf Dauer nützt.
   Doch um ehrliche Hilfe geht es den westlichen Industriemächten in 
der Regel gar nicht. Frankreich etwa verfolgt in Afrika massive 
wirtschaftliche Eigeninteressen. Die französische Stromversorgung 
hängt stark von Uranimporten aus den zentralafrikanischen 
Krisengebieten ab. Auch die in Afrika geförderten "Seltenen Erden" 
sind für die westliche Industrieproduktion von größtem Interesse. Ein
Schelm, wer Böses dabei denkt! Der Zusammenhang zwischen Öl und dem 
US-Engagement im Nahen Osten bedarf ohnehin keiner weiteren Worte.
   Eines haben alle Kriege und Interventionen der vergangenen Jahre 
gemein: Sie haben die Welt kein Stück sicherer gemacht. Im Gegenteil.
Die US-amerikanische Kriegspolitik treibt immer mehr junge Menschen 
in Afrika, Asien und dem Nahen Osten in die Arme von Terroristen. Sie
hat eine ganze Generation radikalisiert. Was fällt dem 
Bundespräsidenten zu dem Thema ein? Er geißelt die angebliche 
deutsche Bequemlichkeit, will den Neokolonialisten künftig ein "guter
Partner sein". Es wäre wohl zu viel verlangt gewesen, das 
Staatsoberhaupt hätte den Blick stattdessen einmal auf die 
fragwürdigen deutschen Waffenexporte gerichtet. Dass auf aller Welt 
Menschen durch Technik "made in Germany" sterben, ist schließlich 
nicht unser Problem? Von wegen, Herr Präsident! Hier ist es die 
Politik, die es sich ziemlich bequem macht
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