(ots) - Was hat Michael Spindelegger in seiner Partei
eigentlich zu sagen? Dass vier Landesorganisationen seine Linie in
der Schulfrage - Nein zur Gesamtschule - mittragen, zeigt, wie wenige
hinter der Position des Parteichefs stehen. Dass sich immer mehr
Landespolitiker der ÖVP öffentlich gegen Spindeleggers Schulkurs
stellen, kommt einer kleinen Rebellion gleich - aus der eine
Obmanndebatte erwachsen kann. Wenn die Salzburger durch
Landeshauptmann Wilfried Haslauer den "Glaubenskrieg" kritisieren und
die Steirer durch Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder den
"unerträglichen Starrsinn" der Bundespartei, dann geht das weit über
übliche parteiinterne Kritik an Wien hinaus. Die Landeshauptleute von
Tirol und Vorarlberg, Günther Platter und Markus Wallner, wollen
konkrete Schritte setzen und Schulversuche starten. Wien ist auch für
Schulversuche, allerdings nicht flächendeckend. Damit stehen nur noch
Niederösterreich, Oberösterreich und das Burgenland voll hinter
Spindelegger. Den Kärntnern ist die Position ihres Parteiobmannes
sogar zu weich, sie sprechen sich nicht nur strikt gegen die
?Gesamtschule aus, sondern wollen dar?über hinaus noch
Aufnahmsprüfungen für Gymnasien. Seine Partei im Westen hat
Spindelegger auf jeden Fall gegen sich. Das gilt nicht nur für die
Schulfrage, der Unmut richtet sich auch gegen die Diskussions- und
Denkkultur in der Partei. Wenn die Grünen, wie von Bildungssprecher
Harald Walser angekündigt, einen Entschließungsantrag im Nationalrat
für eine Gesetzesänderung zur Einrichtung von flächendeckenden
Modell?regionen einbringen, wird das zum Lackmustest: Genau das
fordert Wallner. Er will sich den Antrag seines Vorarlberger
Landsmannes Walser auch "genau anschauen". Konsequenterweise müssten
die Vorarlberger ?VP-Abgeordneten dafür votieren, die Tiroler,
Salzburger und Steirer auch. Damit wäre der Bruch in der Volks?partei
dokumentiert und Spindelegger öffentlich blamiert. Die
SPÖ-Abgeordneten müssten ebenfalls für den Entschließungsantrag der
Grünen stimmen, weil dieser inhaltlich der Position ihrer Partei und
ihrer Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek entspricht. Spannend
wird dann die Diskussion darüber, ob das als Bruch der
Koalitionsvereinbarung gilt. Dort heißt es: Für den Fall, dass eine
Partei die andere bei Gesetzesbeschlüssen überstimmt, seien ?beide
Koalitionsparteien verpflichtet, einen Neuwahlantrag zu stellen. Wenn
aber die Abgeordneten einer Partei und Teile der anderen für eine
Position votieren, die der Vizekanzler nicht vertritt, ist das dann
auch ein ?Koalitionsbruch? Aber das ist dann vermutlich eine
akademische Debatte, denn in dem Fall bleibt Spindelegger eigentlich
nichts anderes übrig, als die Vertrauensfrage zu stellen. Dass ihm
der Ernst der Lage bewusst ist, wurde beim ZiB 2-Interview mit
Spindelegger am Donnerstagabend deutlich. Erstmals bezeichnete der
Parteichef seine Position zum Gymnasium als "persönliche Meinung".
Und: "Ich bin offen für jede Debatte." Solange ihn Niederösterreichs
Landeshauptmann Erwin Pröll stützt, der sich in den vergangenen
Wochen ?öffentlich auffallend zurückgehalten hat, bleibt er
Parteichef. Spätestens wenn die ÖVP bei der EU-Wahl im Mai stark
verliert, wird es eine Obmann?debatte geben.
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