(ots) - Da liegt es, das Kindlein, auf Heu und auf Stroh".
Die Weihnachtsgeschichte und ihre Verdichtung im Kinderlied macht
deutlich: Der Glauben, der unsere Erziehung und unseren gesamten
Kulturkreis prägt, kündet von einem Herrscher, dessen Macht nicht in
Gewalt und Reichtum liegt, sondern in Bescheidenheit und
Barmherzigkeit. So liegt die zentrale Botschaft des christlichen
Glaubens nicht allein in der Menschwerdung Gottes - an die die
meisten Menschen nicht mehr glauben -, sondern ebenso in der
Hinwendung Jesu zu den Armen und Verstoßenen - die bis heute auch die
Mehrheit der Zweifelnden und Nichtgläubigen fasziniert.
Der Frontalangriff des Papstes provoziert Widerspruch
Es ist ein Glücksfall der Geschichte, dass der neue Papst diese
Botschaft ins Zentrum seines Auftretens, seines Handelns und seiner
Worte rückt. Erst hat Franziskus die roten Schuhe und andere
Insignien päpstlicher Herrlichkeit verschmäht. Dann hat er seiner
Kirche die Leviten gelesen, ihren ausgeprägten Hang zum Selbstzweck
zu überwinden. Und mit seinem ersten apostolischen Schreiben knöpft
er sich nicht weniger als die Ungerechtigkeit unserer
kapitalistischen Weltordnung vor, die den Menschen zum Konsumenten,
zum Billiglöhner und an vielen Orten dieser Welt zum reinen
Produktionsfaktor degradiert. Mit diesem Frontalangriff hat der Papst
viel Widerspruch - und noch mehr Aufmerksamkeit - geerntet. Er sei
linksradikal, gar ein Marxist, wird ihm vorgeworfen. Dabei steht
Franziskus mitnichten im Widerspruch zu seinem Vorvorgänger Karol
Wojtila, dem ein entscheidender Anteil an der Überwindung des
Stalinismus zugesprochen wird. Er hat im Gegenteil wie dieser
offenbar sein Thema gefunden, das er in das Zentrum seines Kampfes um
eine gerechtere und friedlichere Welt stellen wird.
Eine gerechtere Welt beginnt im eigenen Lebensbereich
Gegen welche Entwicklung sollte sich das Oberhaupt einer
Weltkirche denn stellen, wenn nicht gegen das Götzentum des Geldes,
gegen die zerstörerischen Mechanismen entfesselter (und bisher nicht
gebändigter) Finanzmärkte, gegen die Entwertung menschlicher Arbeit
in den Ländern der sogenannten dritten Welt (damit wir Sweatshirts
für 4,99 Euro kaufen können), gegen die Produktion von
Flüchtlingsströmen (und gegen die auf Abschottung fixierten
Barrikaden der reichen Länder dieser Welt)? In dem Maße, in dem sich
die internationale Politik diesen scheinbar undurchbrechbaren Folgen
einseitiger Wohlstandserzeugung ergibt, in dem Maße braucht es
Mahner, die uns in unserem Hang zum Wegschauen nicht in Ruhe lassen.
Eine politische Wirkung wird dieser Impetus allerdings nur erzeugen,
wenn die Menschen erkennen, dass Gerechtigkeit und Barmherzigkeit im
eigenen Lebensbereich beginnt. Unser Konsumrausch im Kernzenschein
der Krippe gehört genauso zu diesen Widersprüchlichkeiten wie die
Ablehnung von Flüchtlingen oder die Entsorgung eines Großteils der
pflegebedürftigen Alten in unwürdige Heime. Es gibt keine schönere
Verheißung als die Botschaft der Weihnachtsgeschichte - aber auch
keine unbequemere.
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