(ots) - Früher war mehr Lametta ... Also nörgelte Opa
Hoppenstedt in Loriots berühmtem Weihnachts-TV-Sketch, um dann gleich
danach ungeduldig anzumerken: ...und wann kriege ich mein Geschenk?
Die Fans des 2011 gestorbenen großen Humoristen wissen natürlich
längst den Fortgang: Am Ende der Auspackschlacht versinken Mama und
Papa Hoppenstedt im Hausflur im Verpackungsmüll. In den 1970er
Jahren, und aus dieser Zeit stammt die Episode, war das
Weihnachtsfest längst zu einer Schenkorgie geworden, bei der die
Menge und der Glamour der unter dem Christbaum liegenden Päckchen
fast wichtiger erschienen als letztlich die meist fantasielosen
Inhalte. : Parfüm, Socken oder eben Krawatten... Schenken war zum
Synonym geworden für Seinen-Luxus-Zur-Schau tragen, für eine
beispiellose Materialschlacht zum Jahresende, von der ganze Branchen
lebten oder nicht wenige daran kaputt gingen, wenn die Bilanz zum
Jahresende dann doch allzu verhalten ausfiel.Mit dem biblischen
Ursprung hatte das Sich-gegenseitig-Beschenken, das "Bescheren", kaum
noch was zu tun. Und schon damals begann dann am 27. Dezember der -
sozusagen - inverse Schenkungsprozess: Umtausch und Rückgabe. Das
alles begab sich zu einer Zeit, da Handys, Smartphones und Tablets
allenfalls Inventar von Science Fiction waren. Und natürlich harrte
auch das Internet, das unseren Alltag mindestens so sehr verändert
hat wie dereinst die Dampfmaschine, noch seiner Erfindung. Wer also
seine Geschenke nicht ganz traditionell im Geschäft kaufen wollte,
dem blieb nur der Versandkatalog der Ottos und Neckermänner, der
Schickedanzens und Schöpflins und wie sie noch alle hießen. Und viele
erinnern sich daran, wie sie in den Wochen vor Weihnachten die oft
mehr als tausend Seiten starken, bunten und immer nach frischer
Druckerschwärze riechenden Kataloge durchwälzten, um sich ihren
Wunschzettel zusammenzustellen. Bei Kleidungsstücken gab es in
manchen Familien eher Zurückhaltung, denn was nicht passte, musste
zurückgeschickt und umgetauscht werden. Harte Tage für den - damals
noch - Zusteller-Monopolisten Bundespost. Die Zeiten sind inzwischen
noch viel härter geworden. Die Post steht schon lange im Wettbewerb
mit anderen Firmen, alle sind sie in diesen Tagen pausenlos im
Einsatz. Und wenn es stimmt, dass in diesem Jahr bei den
Paketsendungen erstmals die Ein-Milliarden-Marke geknackt wird, dann
wirft das schon ein paar Fragen auf. Kauft eigentlich überhaupt noch
jemand in den Geschäften? Oder nimmt die Zahl an Geschenken noch
immer weiter zu? Eine Antwort ist bekannt: Das Internet ist für
bereits 71 Prozent der Deutschen zum virtuellen
Weihnachtsgeschenke-Kaufhaus geworden. Bequem vor dem Bildschirm
shoppen und dann noch die Garantie haben, seine Ware Rückporto-frei
umtauschen zu können - das verlockt dazu, mehr zu bestellen, als man
eigentlich braucht. Man kann das bequem finden. Den Retour-Gang zum
Postamt oder zum Paketdienst erspart es einem nicht, jedenfalls,
solange diese ihre angedachte Zustellung via Drohnen noch nicht
perfektioniert haben. Zu befürchten steht: Auch das wird kommen.
Warum dieser Pessimismus? Weil ein solches Verfahren wohl noch mehr
sorglosen Paketverkehr erzeugen wird. Noch mehr achtloses und - man
darf nicht vergessen - umweltbelastendes Ordern von Produkten. Alles
versandkostenfrei. Die Internetanbieter hätten es in der Hand:
Steigen die Versandkosten für den Kunden, wird dieser zurückhaltender
und gezielter bestellen. Aber eben auch weniger. Und das will so gar
nicht zum auf steten Komparativ gebürsteten kapitalistischen System
passen. Somit werden die Anbieter im Internet sich weiter im
Paketpreisdumping versuchen, bevor es die Konkurrenz tut. Das alles
ist weit entfernt von der zurückhaltenden Geschenkepraxis, wie sie in
der Geschichte um den Stall von Bethlehem berichtet wird. Es ist auch
nichts davon bekannt, dass die Heilige Familie Gold, Weihrauch und
Myrrhe umgetauscht hat. Opa Hoppenstedt würde heute wohl sagen:
Früher war mehr Maß. Das muss aber dann schon ganz früher gewesen
sein.
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