(ots) - Amerikaner sind extremes Wetter gewohnt: In
Nevada hat eine sechsköpfige Familie nach einem Unfall bei minus 29
Grad in ihrem Auto drei Tage mit heißen Steinen überlebt, da zieht
man als Mitteleuropäer respektvoll den Hut. Andernorts sind die
Katastrophen weniger spektakulär, dann braucht man Übung, um die
Survivalkultur zu erkennen. In Washington zum Beispiel herrscht seit
Tagen eine unsichtbare Apokalypse aus Eis und Schnee. Als mich der
Radiowecker jetzt erneut mit Kassandrarufen begrüßte, zeigte der
Blick aus dem Fenster immerhin ein paar rieselnde Flöckchen. Der
Ernst der Lage wurde mir erst bewusst, als ein für den Nachmittag
anvisiertes Interview platzte: Der Gesprächspartner ließ ausrichten,
er ziehe es vor, heute nicht ins Büro zu kommen. Draußen hatte es zu
diesem Zeitpunkt aufgehört zu schneien, die Straßen waren frei. Als
die ersten Schulen auch gleich für den nächsten Tag frei gaben, brach
gerade die Sonne durch die Wolken. Der TV-Sender CNN meldete hinter
dem Panikbalken "Extremes Wetter", dass die Regierungsbehörden
geschlossen seien. Das wusste ich schon, weil ich ein befreundetes
Pärchen getroffen hatte, das für den Staat arbeitet. "Es ist
erbärmlich", seufzte er. Die beiden stammen aus Florida. Als ich nach
Washington gezogen bin, wurde mir ein gebrauchter Volvo angeboten,
von dem sämtliche US-Bekannte heftig abrieten: Um in Washington über
den Winter zu kommen, müsse es unbedingt ein japanischer
Vierradantrieb sein. Mein Einwand, dass ein schwedisches Auto
neapolitanischen Breitengraden halbwegs gewachsen sein sollte, hatte
Heulen und Zähneklappern zur Folge. Irgendwann mag sich mein
Unverstand ja mal rächen - es gibt in Washington einfach zu wenig
Räumgerät. Mein Bekannter ist übrigens auf eigene Faust ins Büro
gefahren. Er hatte ein Treffen mit ausländischen Gästen, die sonst
vergebens angereist wären. "Es wäre einfach zu peinlich gewesen",
gestand er: Die Gesprächspartner stammten aus Russland.
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