PresseKat - Aachener Nachrichten: Kommentar: SPD setzt Maßstäbe/Die Politik der Hinterzimmerrunden ist vorbei

Aachener Nachrichten: Kommentar: SPD setzt Maßstäbe/Die Politik der Hinterzimmerrunden ist vorbei / Von Werner Kolhoff

ID: 990611

(ots) - Nun also der Entscheid der 474820 SPD-Mitglieder.
Im Extremfall können 47483 Genossen die große Koalition platzen
lassen, 0,05 Prozent der Deutschen. Dennoch ist die Kritik am
Mitgliederentscheid albern, wie sie zuletzt Bundestagspräsident
Norbert Lammert äußerte, der sonst ein kluger Mann ist. Er meinte,
eine kleine Minderheit könne nicht korrigieren, was 61 Millionen
Wähler zuvor entschieden hätten. Die Wähler haben in Sachen
Koalitionen jedoch gar nichts entschieden. Sie haben Parteien mit
ihren Programmen gewählt. Bei der SPD zum Beispiel
Bürgerversicherung, Steuererhöhungen, die Abschaffung des
Betreuungsgeldes. Wenn davon nun im Koalitionsvertrag komplett
abgewichen wird, dann stellt sich die Frage, wer diese Abweichungen
legitimiert, die viele Wähler als Verrat und Missbrauch ihrer Stimme
empfinden. Bei den Sozialdemokraten legitimieren das immerhin alle
Mitglieder. Bei CDU und CSU, deren Wähler zum Beispiel nun den immer
abgelehnten gesetzlichen Mindestlohn bekommen, entscheidet am Ende
jeweils nur eine Person: Angela Merkel und Horst Seehofer. Der aus
Not und Angst geborene SPD-Mitgliederentscheid setzt Maßstäbe: Die
Politik der Hinterzimmerrunden ist vorbei. Ganz sicher für künftige
Koalitionsbildungen. Damit endet auch der Politikstil Seehofers und
Merkels. Es gab dafür schon vor zwei Jahren ein Vorzeichen, die
Mitgliederabstimmung in der FDP über die Euro-Rettungspolitik. Die
Grünen haben so im Sommer ihre Spitzenkandidaten bestimmt. Und auch
in der Union grummelt es; in einigen Landesverbänden muss es wegen
der Koalitionskompromisse Regionalkonferenzen geben. Es gehört zu
dieser Entwicklung auch die größere Transparenz von Politik, das
Veröffentlichen von Beschlüssen und Verträgen, die Öffentlichkeit von
Beratungen. Die Piraten-Partei, so wenig sie bewegt haben mag, hat




dazu ebenso beigetragen wie zuvor die Grünen. Wären Neuwahlen so
schlimm? Das ist der Zug der Zeit, den die Union gerade nicht nur
innerparteilich verpasst, sondern mit ihrem strikten Nein zu mehr
Volksabstimmungen auch programmatisch. Ob Stuttgart 21 oder die
gescheiterte Olympia-Bewerbung Münchens - mal geht ein
Bürgerentscheid gut aus für die Regierenden, mal nicht. Es gibt
jedenfalls keinen Grund, Angst vor ihm zu haben. Auch nicht vor dem
Votum der absolut unbekannten und absolut unberechenbaren SPD-Basis,
die jetzt zwischen Bauchgefühl und Verstand schwanken wird. Aber
selbst wenn sie sich für Nein entscheidet, geht die kleine deutsche
Welt noch lange nicht unter. Neuwahlen sind das schlimmste, was
passieren kann. Aber wäre das wirklich so schlimm?



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Datum: 29.11.2013 - 14:19 Uhr
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