Verursachen Unterbrechungen Fehler?
rursachen Unterbrechungen Fehler?
Das Telefon klingelt, Outlook signalisiert den Eingang einer neuen Mail, der Kollege hat eine Frage. Unterbrechungen gehören zur Arbeit wie das Schnitzel zur Speisekarte der Betriebskantine. Und wohl jeder stimmt der Aussage zu: Unterbrechungen stören den Arbeitsablauf, verzögern Projekte und ziehen Fehler nach sich. Aber stimmt das ĂŒberhaupt? Aus wissenschaftlicher Sicht lĂ€sst sich diese Frage jedenfalls nicht eindeutig beantworten.
Unter anderem deshalb gehen Wissenschaftler aus Australien, den USA und Deutschland in einem neuen Forschungsprojekt der Frage nach: Verursachen Unterbrechungen Fehler? Mit daran beteiligt ist Dr. Tobias Grundgeiger, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl fĂŒr Psychologische Ergonomie der UniversitĂ€t WĂŒrzburg.
In ihrer Studie konzentrieren sich die beteiligten Wissenschaftler auf Krankenschwestern und -pfleger in Kliniken Australiens. "Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass das Pflegepersonal in KrankenhĂ€usern im Durchschnitt alle drei Minuten in seiner Arbeit unterbrochen wird. Alle acht Minuten mĂŒssen die Schwestern und Pfleger deshalb tatsĂ€chlich den Vorgang unterbrechen, mit dem sie gerade beschĂ€ftigt sind", sagt Tobias Grundgeiger. Schlimm genug, dass es deshalb deutlich lĂ€nger dauern kann, bis eine Arbeit erledigt ist. Viel schlimmer wiegt jedoch die BefĂŒrchtung, dass Unterbrechungen hĂ€ufig auch Fehler nach sich ziehen - Fehler, die gerade im Gesundheitssystem gravierende Auswirkungen haben können.
Fehler mit tödlichen Folgen
Immerhin sterben nach einer aktuellen Studie, die das AktionsbĂŒndnis Patientensicherheit im FrĂŒhjahr 2013 vorgestellt hat, allein in Deutschland jedes Jahr 17.000 Patienten im Krankenhaus durch vermeidbare Fehler. In den KrankenhĂ€usern der USA sind Behandlungsfehler die dritthĂ€ufigste Todesursache, wie eine im September 2013 veröffentlichte Untersuchung zeigt. Dort bewegt sich die Zahl der Betroffenen zwischen 210.000 und 400.000 Menschen. Deutlich höher dĂŒrfte die Zahl der FĂ€lle sein, in denen Patienten nach einem Fehler glĂŒcklicherweise nicht gestorben sind, aber dennoch von gravierenden Folgen betroffen waren.
"Dass Unterbrechungen im Krankenhaus zu Fehlern fĂŒhren, klingt einleuchtend. Wissenschaftlich ist diese Vermutung allerdings nicht bestĂ€tigt. Es gibt keine guten Belege dafĂŒr", sagt Grundgeiger. Das Forschungsprojekt wird diese Frage deshalb in den kommenden drei Jahren aus verschiedenen Blickwinkeln angehen.
Es gibt immer einen Grund fĂŒr eine Unterbrechung
Derjenige, der fĂŒr die Unterbrechung gesorgt hat, steht im Mittelpunkt eines Teilprojekts. "Es gibt ja immer einen Grund, warum jemand seinen Kollegen unterbricht. Möglicherweise benötigt er dringend eine Information", sagt Grundgeiger. Die Wissenschaftler interessiert deshalb unter anderem, warum diese spezielle Information fehlt und welche Konsequenzen es hĂ€tte, wenn solche Unterbrechungen nicht mehr möglich sind - beispielsweise weil der Befragte in einem speziellen Bereich zugange ist, der als "unterbrechungsfreie Zone" markiert ist. "Dann wird zwar der eine Mitarbeiter nicht mehr gestört, aber dafĂŒr kommt es möglicherweise an einer anderen Stelle zur Unterbrechung der ArbeitsablĂ€ufe oder ein Arbeitsablauf wird stark verzögert- was auch nicht gewĂŒnscht ist", sagt Grundgeiger.
Untersuchung in Intensivstationssimulatoren
In einem zweiten Teilprojekt wollen die Forscher klÀren, ob es tatsÀchlich einen kausalen Zusammenhang zwischen Unterbrechungen und der FehlerhÀufigkeit gibt. Zum Einsatz kommt dabei das reale Abbild einer Intensivstation, auf der sich ein Patient befindet. GerÀte, Mobiliar, Medikamente: Alles entspricht exakt dem Vorbild im Krankenhaus; allein der Patient wird durch eine elektronisch gesteuerte Patientenpuppe ersetzt, die viele Funktionen besitzt, die sie möglichst menschenÀhnlich macht. In diesem Umfeld bekommt eine echte Krankenschwester diverse AuftrÀge und wird bei deren Erledigung von einer zuvor instruierten Kollegin immer mal wieder unterbrochen. Per Videokamera beobachten die Wissenschaftler das Geschehen und registrieren jeden Fehler.
Das dritte Teilprojekt geht der sehr konkreten Frage nach, welche VerÀnderungen auf der Organisationsebene notwendig sind, damit auf Intensivstationen Unterbrechungen gar nicht erst vorkommen.
Enger Kontakt nach Australien
Umgerechnet rund 340.000 Euro erhalten die Wissenschaftler vom Australian Research Counsil fĂŒr ihre Untersuchungen in den kommenden drei Jahren. Der GroĂteil davon geht an die University of Queensland, an der die Projektleiterin Professor Penelope Sanderson arbeitet. Tobias Grundgeiger ist an der Planung und Konzeption der Studien beteiligt und wird im Laufe des Projekts drei Mal nach Australien fliegen.
Wie kommt ein WĂŒrzburger Psychologe als einziger EuropĂ€er in ein Forschungsprojekt, dessen Fokus auf dem Gesundheitssystem in Australien liegt? Ganz einfach: "Ich bin nach meinem Studium in Regensburg an die University of Queensland gegangen und habe dort promoviert von 2007 bis 2010", sagt Grundgeiger. Dort habe er angefangen, sich intensiver mit Unterbrechungen und ihren Auswirkungen zu beschĂ€ftigen.
Kontakt
Dr. Tobias Grundgeiger, T: (0931) 31-81743;
tobias.grundgeiger@uni-wuerzburg.de

(pressrelations) - brechungen Fehler?
Das Telefon klingelt, Outlook signalisiert den Eingang einer neuen Mail, der Kollege hat eine Frage. Unterbrechungen gehören zur Arbeit wie das Schnitzel zur Speisekarte der Betriebskantine. Und wohl jeder stimmt der Aussage zu: Unterbrechungen stören den Arbeitsablauf, verzögern Projekte und ziehen Fehler nach sich. Aber stimmt das ĂŒberhaupt? Aus wissenschaftlicher Sicht lĂ€sst sich diese Frage jedenfalls nicht eindeutig beantworten.
Unter anderem deshalb gehen Wissenschaftler aus Australien, den USA und Deutschland in einem neuen Forschungsprojekt der Frage nach: Verursachen Unterbrechungen Fehler? Mit daran beteiligt ist Dr. Tobias Grundgeiger, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl fĂŒr Psychologische Ergonomie der UniversitĂ€t WĂŒrzburg.
In ihrer Studie konzentrieren sich die beteiligten Wissenschaftler auf Krankenschwestern und -pfleger in Kliniken Australiens. "Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass das Pflegepersonal in KrankenhĂ€usern im Durchschnitt alle drei Minuten in seiner Arbeit unterbrochen wird. Alle acht Minuten mĂŒssen die Schwestern und Pfleger deshalb tatsĂ€chlich den Vorgang unterbrechen, mit dem sie gerade beschĂ€ftigt sind", sagt Tobias Grundgeiger. Schlimm genug, dass es deshalb deutlich lĂ€nger dauern kann, bis eine Arbeit erledigt ist. Viel schlimmer wiegt jedoch die BefĂŒrchtung, dass Unterbrechungen hĂ€ufig auch Fehler nach sich ziehen - Fehler, die gerade im Gesundheitssystem gravierende Auswirkungen haben können.
Fehler mit tödlichen Folgen
Immerhin sterben nach einer aktuellen Studie, die das AktionsbĂŒndnis Patientensicherheit im FrĂŒhjahr 2013 vorgestellt hat, allein in Deutschland jedes Jahr 17.000 Patienten im Krankenhaus durch vermeidbare Fehler. In den KrankenhĂ€usern der USA sind Behandlungsfehler die dritthĂ€ufigste Todesursache, wie eine im September 2013 veröffentlichte Untersuchung zeigt. Dort bewegt sich die Zahl der Betroffenen zwischen 210.000 und 400.000 Menschen. Deutlich höher dĂŒrfte die Zahl der FĂ€lle sein, in denen Patienten nach einem Fehler glĂŒcklicherweise nicht gestorben sind, aber dennoch von gravierenden Folgen betroffen waren.
"Dass Unterbrechungen im Krankenhaus zu Fehlern fĂŒhren, klingt einleuchtend. Wissenschaftlich ist diese Vermutung allerdings nicht bestĂ€tigt. Es gibt keine guten Belege dafĂŒr", sagt Grundgeiger. Das Forschungsprojekt wird diese Frage deshalb in den kommenden drei Jahren aus verschiedenen Blickwinkeln angehen.
Es gibt immer einen Grund fĂŒr eine Unterbrechung
Derjenige, der fĂŒr die Unterbrechung gesorgt hat, steht im Mittelpunkt eines Teilprojekts. "Es gibt ja immer einen Grund, warum jemand seinen Kollegen unterbricht. Möglicherweise benötigt er dringend eine Information", sagt Grundgeiger. Die Wissenschaftler interessiert deshalb unter anderem, warum diese spezielle Information fehlt und welche Konsequenzen es hĂ€tte, wenn solche Unterbrechungen nicht mehr möglich sind - beispielsweise weil der Befragte in einem speziellen Bereich zugange ist, der als "unterbrechungsfreie Zone" markiert ist. "Dann wird zwar der eine Mitarbeiter nicht mehr gestört, aber dafĂŒr kommt es möglicherweise an einer anderen Stelle zur Unterbrechung der ArbeitsablĂ€ufe oder ein Arbeitsablauf wird stark verzögert- was auch nicht gewĂŒnscht ist", sagt Grundgeiger.
Untersuchung in Intensivstationssimulatoren
In einem zweiten Teilprojekt wollen die Forscher klÀren, ob es tatsÀchlich einen kausalen Zusammenhang zwischen Unterbrechungen und der FehlerhÀufigkeit gibt. Zum Einsatz kommt dabei das reale Abbild einer Intensivstation, auf der sich ein Patient befindet. GerÀte, Mobiliar, Medikamente: Alles entspricht exakt dem Vorbild im Krankenhaus; allein der Patient wird durch eine elektronisch gesteuerte Patientenpuppe ersetzt, die viele Funktionen besitzt, die sie möglichst menschenÀhnlich macht. In diesem Umfeld bekommt eine echte Krankenschwester diverse AuftrÀge und wird bei deren Erledigung von einer zuvor instruierten Kollegin immer mal wieder unterbrochen. Per Videokamera beobachten die Wissenschaftler das Geschehen und registrieren jeden Fehler.
Das dritte Teilprojekt geht der sehr konkreten Frage nach, welche VerÀnderungen auf der Organisationsebene notwendig sind, damit auf Intensivstationen Unterbrechungen gar nicht erst vorkommen.
Enger Kontakt nach Australien
Umgerechnet rund 340.000 Euro erhalten die Wissenschaftler vom Australian Research Counsil fĂŒr ihre Untersuchungen in den kommenden drei Jahren. Der GroĂteil davon geht an die University of Queensland, an der die Projektleiterin Professor Penelope Sanderson arbeitet. Tobias Grundgeiger ist an der Planung und Konzeption der Studien beteiligt und wird im Laufe des Projekts drei Mal nach Australien fliegen.
Wie kommt ein WĂŒrzburger Psychologe als einziger EuropĂ€er in ein Forschungsprojekt, dessen Fokus auf dem Gesundheitssystem in Australien liegt? Ganz einfach: "Ich bin nach meinem Studium in Regensburg an die University of Queensland gegangen und habe dort promoviert von 2007 bis 2010", sagt Grundgeiger. Dort habe er angefangen, sich intensiver mit Unterbrechungen und ihren Auswirkungen zu beschĂ€ftigen.
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Dr. Tobias Grundgeiger, T: (0931) 31-81743; tobias.grundgeiger(at)uni-wuerzburg.de

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Datum: 19.11.2013 - 11:51 Uhr
Sprache: Deutsch
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