(ots) - Viel Raum für Spekulationen. Sehr viel Raum. Der
Fund von gut 1400 Gemälden, Grafiken und Zeichnungen überwiegend der
klassischen Moderne in einer verlotterten Münchner Wohnung ist nicht
nur von den räumlichen Umständen her monströs. Denn der 79-jährige
Cornelius Gurlitt, der diesen Kunstschatz zwischen angebissenen
Wurststullen und Hausmüll hortete, ist nicht irgendwer. Er ist der
Sohn des einflussreichen Galeristen Hildebrand Gurlitt - und der war
von den Nazis 1938 zu einem von vier Kunsthändlern bestimmt worden,
die die verhasste, als "entartet" diffamierte und nach 1933
flächendeckend beschlagnahmte Gegenwartskunst weltweit zu Geld machen
sollten. Die Rolle dieser vier Händler ist mehr als undurchsichtig.
Waren sie bloße Erfüllungsgehilfen der Nazis? Oder brachten sie auch
missliebige Werke vor der Zerstörungswut der braunen Horden in
Sicherheit? Der aktuelle Münchner Fund jedenfalls besteht offenbar zu
guten Teilen aus Kunst, die zunächst für die Nazi-Ausstellung
"Entartete Kunst" von 1937 requiriert wurde. Vor Goebbels und der SA
mutig gerettetes Kulturgut also? Im Augenblick spricht weder bei
Gurlitt Senior noch bei Gurlitt Junior allzu viel für lautere Motive
- mehr für rein geschäftliche Interessen, man könnte auch
sagen:Geldgier. Sonst hätte der Vater nicht die Lüge vom Verlust der
Bestände beim Bombenangriff auf Dresden 1945 in die Welt gesetzt, und
der Sohn hätte nicht bis heute seinen Vorteil daraus gezogen.
Dennoch: Die Kunstwelt bekommt völlig unerwartet zurück, was längst
verloren schien. Sehr spät zwar - und natürlich nur in Teilen. Aber
immerhin.
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Florian Giezewski
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