(ots) - Reporter ohne Grenzen blickt der morgen beginnenden
Verhandlung über die Verfassungsklage gegen den ZDF-Staatsvertrag
gespannt entgegen. "Ein Urteil, das den Einfluss des Staates in den
Aufsichtsgremien einschränkt, halten wir für notwendig", sagte
ROG-Vorstandsvorsitzende Michael Rediske. "Unabhängige
Berichterstattung gerät leicht in Gefahr, wenn amtierende und
ehemalige Politiker das Programm des öffentlich-rechtlichen
Fernsehens beaufsichtigen". Eine Obergrenze für die Zahl von
Staatsvertretern in den Aufsichtsgremien gibt es in Deutschland
bisher nicht. Das Urteil in dem Fall wird im kommenden Jahr erwartet.
Die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Hamburg hatten die Klage vor
dem Bundesverfassungsgericht eingereicht. Sie kritisieren die hohe
Zahl von Staatsvertretern in den Aufsichtsgremien des ZDF. Im
77-köpfigen Fernsehrat, der das Programm beaufsichtigt und den
Intendanten wählt, seien 45 Mitglieder (45 Prozent) "unmittelbar dem
Staat zuzurechnen" (http://bit.ly/1bqnFhA). Zu ihnen gehören neben
ehemaligen Ministern und Staatssekretären die Generalsekretäre von
CDU und CSU, Hermann Gröhe und Alexander Dobrindt,
Wirtschaftsminister Philipp Rösler sowie Angela Merkels
Medienberaterin Eva Christiansen. Die restlichen Mitglieder des
Fernsehrates (Vertreter von Verbänden und der Gesellschaft) werden -
zum Teil auf Vorschlag der Verbände - von der
Ministerpräsidentenkonferenz berufen. Ebenso groß ist der Einfluss
des Staates im 14-köpfigen Verwaltungsrat, der den Haushaltsplan
beschließt und auf Vorschlag des Intendanten Direktoren und
Chefredakteure wählt. Zu ihm gehören fünf ehemalige oder amtierende
Ministerpräsidenten sowie Kulturstaatsminister Bernd Neumann.
Leitende Politiker haben in der Vergangenheit mehrfach
Personalentscheidungen und die Programmpolitik im ZDF beeinflusst
oder dies zumindest versucht. Besonders offensichtlich war dies, als
CDU-nahe Verwaltungsräte unter der Führung des hessischen
Ministerpräsidenten Roland-Koch 2009 den Vertrag von
ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender nicht verlängerten. Die grüne
Bundestagsfraktion initiierte daraufhin das Normenkontrollverfahren,
das der derzeitigen Klage zugrunde liegt. 2012 versuchte CSU-Sprecher
Michael Strepp, einen Bericht über die bayerische SPD zu verhindern
und verlor daraufhin seinen Posten - anders als Bayerns
Finanzminister Markus Söder, der sich 2006 als Mitglied des
Fernsehrats beim Intendanten über die mangelnde Beachtung der CSU in
ZDF-Berichten beschwerte.
In der ROG-Rangliste steht Deutschland auf Platz 17 von 179
Staaten und damit europaweit etwa im Mittelfeld. Ausführliche
Informationen zu Problemen mit der Pressefreiheit in Deutschland
finden Sie unter http://bit.ly/16ggTHn.
Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska / Christoph Dreyer
presse(at)reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de
T: +49 (0)30 609 895 33-55
F: +49 (0)30 202 15 10-29