(ots) - Boris Becker ist mit seinen jüngsten Auftritten
endgültig zur medialen Lachnummer mutiert. Interessanter ist
allerdings, wie die Öffentlichkeit den Absturz goutiert. Als der
Teenager am 7. Juli 1985 Wimbledon gewinnt löst er einen nie
dagewesenen Medien-Hype aus. Der Hype hält bis heute an, in Form von
Häme. Einerseits ist er selbst Schuld am Hohn, benimmt sich der
Tennisstar a.D. oft wie eine Karikatur, sucht reflexartig jede
Kamera, ein Lothar Matthäus lässt grüßen. Becker und Matthäus eint
jedoch mehr als unfreiwillige Komik. Sie haben ihre Erfolge -
ungewollt - nicht nur für sich selbst, sondern für die Nation
erzielt. Wir sind Fußball-Weltmeister. Wir sind Wimbledon-Sieger. Wir
haben uns auf maximale Weise mit ihnen identifiziert. Gelächter über
Fehltritte ist verständlich und macht auch Spaß. In dem ätzenden
Spott zeigt sich jedoch bittere Enttäuschung, dass die gefallenen
Helden als Projektionsfläche nicht mehr funktionieren. Das ist
lächerlich, mindestens so lächerlich wie das, was die Herren heute
anstellen. Damit ist der Fall Becker einer von vielen, der für
distanzlose Identifikation steht, für groteske Überhöhung medialer
Figuren und für eine schräges Verständnis von uns selbst und zu
anderen. Am 7. Juli 1985 gab es eine bemerkenswerte Szene. Nach dem
Triumph fotografierte Karl-Heinz Becker seinen Sohn von der Tribüne
aus - mit einer Pocket-Kamera, fürs Familienalbum. Die Szene sagt
viel über die bürgerliche Herkunft des Helden und wie schwer ihm ein
Promileben fallen könnte. Was er aber aus diesem Leben gemacht hat,
ist seine Sache, wer nicht hinschauen will, muss es nicht.
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