(ots) - Siemens baut 15000 Stellen ab. Dies ist eine
Menge Holz, und die Rolle der Arbeitnehmervertreter verlangt in einer
solchen Situation natürlicherweise den Protest. Allerdings war sowohl
ex- und intern längst klar, dass das Unternehmensprogramm 2014 eine
Arbeitsplatzzahl in dieser Größenordnung kosten würde. Schon im
August vergangenen Jahres konnte man diesen Abbaubedarf ermitteln.
Nach Vorlage des Unternehmensprogramms im November war die
Stellenzahl aus den Umbaukosten ableitbar. Also ist die Information
keine echte Neuigkeit. Insofern ist es nur konsequent, dass die
Siemens-Aktie am Montag nicht auf die exakte Stellenabbau-Zahl
reagiert hat.
Die eigentliche Nachricht vom Wochenende ist eher weicher Natur:
Unter dem neuen Chef Joe Kaeser versucht Siemens, Hängepartien zu
vermeiden. Kaum liefen die Fakten zum Abbau zum Geschäftsjahresende
in München ein und machten erste Spekulationen üb er die Gesamthöhe
die Runde, präsentierte der Konzern die Zahl, statt auf einen
nahenden Veröffentlichungstermin wie das Führungskräftetreffen zu
warten. Gut so. Welch ein Gewürge dagegen leistete sich die ehemalige
Konzern-Spitze, als sie die Nennung einer Zahl immer ablehnte.
Natürlich herrscht nach der Festlegung beim Stellenabbau keine
Ruhe bei Siemens. Doch die Vorstellung, dass ein Multi zur Ruhe
kommt, ist nicht nur naiv. Sie ist sogar gefährlich. Denn Ruhe mündet
in Stillstand. Wer aber nicht vorankommt, der fällt im Vergleich zum
Wettbewerb zurück und gefährdet langfristig seine Zukunft. Diese
Feststellung mag an Banalität schwerlich zu übertreffen sein. Sie
scheint aber zuweilen in Erinnerung gerufen werden zu müssen. Unruhe
kann eben produktiv sein.
Siemens braucht also nicht Ruhe, sondern eine Politik der ruhigen
Hand. Dies bedeutet: Schnell klare Kante bei Entscheidungen zeigen,
damit jeder weiß, woran er ist. Anschließend die Umsetzung ruhig und
konsequent vorantreiben.
Nach dieser Philosophie wäre es wünschenswert, dass Kaeser im
November seine Zukunftspläne für Siemens komplett präsentiert. Dies
aber wird nicht passieren, lässt sich aus dem Erwartungsmanagement
herauslesen. Der Vorstandschef mag als langjähriger Finanzchef
wissen, in welche Richtung er den Konzern treiben will. Doch Kaeser
muss zweierlei beachten: Erstens darf er die Organisation nicht
überfordern und damit lähmen. Zweitens gilt es, mit gutem Timing
Allianzen im Management und Betriebsrat zu bilden. Dies braucht Zeit.
Die Kunst wird darin bestehen, dies mit kurzfristigen Fortschritten
zu kombinieren.
(Börsen-Zeitung, 1.10.2013)
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