(ots) - Großbritannien hat zurzeit ein Image-Problem.
Die NSA-Affäre lässt das Land in keinem guten Licht dastehen. Der
britische Abhördienst GCHQ, so stellt sich heraus, hat noch weit
umfangreicher geschnüffelt als bisher angenommen. Ziemlich massiv: Da
werden im Namen der Sicherheit en masse private Daten gesammelt, da
wird ein Anti-Terror-Gesetz missbraucht, um einen Journalisten
einzuschüchtern. Da droht man einer Zeitung mit Repressalien, da wird
mit vorauseilender Zensur hantiert, um die Veröffentlichung
unangenehmer Berichte zu verhindern. Dabei behauptete doch gerade
England, die Wiege der Bürgerrechte in Europa zu sein. Was bei dieser
Laudatio immer vergessen wird, ist ein spezifischer Zug des
britischen Nationalcharakters: der Pragmatismus. Und eine solche
Geisteshaltung ist so ziemlich genau das Gegenteil eines strikten
Moralismus, zu dem wiederum die Kontinentaleuropäer neigen. Dieser
Gegensatz zeigt sich im britischen Rechtssystem. Und es zeigt sich in
den Aktionen einer Exekutive, die mal eben ein Anti-Terror-Gesetz
bemüht, um die Pressefreiheit anzugreifen, weil, und das ist der
Punkt, sie ein höheres Gut, die öffentliche Sicherheit, in Gefahr
sieht. Ist es nicht eine Ungeheuerlichkeit, dass in einem
europäischen Land die Regierung den Medien verbieten kann, über ein
bestimmtes Thema zu berichten? In Großbritannien ist dies möglich
mithilfe einer "Defence Advisory Notice": einer offiziellen
Anforderung an Herausgeber, spezifische Informationen im Interesse
der nationalen Sicherheit nicht zu publizieren. Im Königreich regt
man sich darüber nicht groß auf. Es stimmt schon: Schön ist es nicht,
wie sich die britische Regierung in der NSA-Affäre verhalten hat,
aber es ist nicht typisch und dürfte eine Ausnahme bleiben.
Hoffentlich. Ansonsten müsste man sich wirklich Sorgen machen.
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