(ots) - Das Zeugnis des christlichen Glaubens ist
unverzichtbar im Diskurs der multikulturellen Gesellschaft. Dies
stellten die Teilnehmenden des bilateralen Theologischen Dialogs
zwischen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der
Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) fest, der in dieser Woche im
russischen Rostow-am-Don stattgefunden hat.
Unter der Leitung des EKD-Auslandsbischofs Martin SchindehĂŒtte und
des russischen Metropoliten Hilarion von Volokolamsk beschÀftigten
sich die beiden Delegationen mit dem Thema "Die Kirchen in der
multikulturellen Gesellschaft".
Beide Seiten stimmten darin ĂŒberein, dass sich die Kirchen nicht
innerhalb der eigenen Kultur abschotten dĂŒrften, sondern ihre
Botschaft in den gesellschaftlichen Diskurs einzubringen hÀtten. Im
gemeinsamen Kommunique, das zum Abschluss der Begegnung unterzeichnet
wurde, bekrĂ€ftigten sie, die Kirchen sollten ihren Auftrag gegenĂŒber
allen Mitgliedern der Gesellschaft aktiv und selbstbewusst zur
Sprache bringen.
Bischof Martin SchindehĂŒtte hob die geschwisterliche Offenheit und
die warmherzige Gastfreundschaft hervor, die die Begegnung
kennzeichneten und betonte: "Ich freue mich, dass beide Seiten diesen
wichtigen Dialog fortsetzen möchten".
Hannover, 13. Dezember 2012
Pressestelle der EKD
Reinhard Mawick
Kommuniqué
des bilateralen Theologischen Dialogs zwischen der Russischen
Orthodoxen Kirche und der Evangelischen Kirche in Deutschland vom
09.-11.12.2012 in Rostow-am-Don
Auf Einladung der Russischen Orthodoxen Kirche fand vom 09.12.2012
bis zum 11.12.2012 der bilaterale Theologische Dialog zwischen der
Evangelischen Kirche in Deutschland und der Russischen Orthodoxen
Kirche in Rostow-am-Don statt. Das Hauptthema des GesprÀchs war:
Kirchen in der multikulturellen Gesellschaft. An dem GesprÀch nahmen
teil von Seiten der Russischen Orthodoxen Kirche: S.E. Metropolit
Hilarion von Volokolamsk, Leiter des Kirchlichen AuĂenamtes des
Moskauer Patriarchats und Leiter der synodalen biblischen
theologischen Kommission, Vorsitz S.E. Metropolit Merkurij von Rostov
und Novocherkassk, Leiter der synodalen Abteilung fĂŒr
ReligionspÀdagogik und Katechese Igumen Filaret (Bulekov),
stellvertretender Leiter des Kirchlichen AuĂenamtes Erzpriester
Dimitrij Sizonenko, amtierender SekretĂ€r des kirchlichen AuĂenamtes
fĂŒr interchristliche Beziehungen Erzpriester Vladimir Schmalij,
Prorektor des kirchlichen Postgradierten- und Doktoranden-Institutes
"Heilige Apostelgleiche Kyrill und Method" Erzpriester Vladimir
Chulap, Prorektor der St. Petersburger Orthodoxen Geistlichen
Akademie Priester Alexandr Vasjutin, Mitarbeiter des kirchlichen
AuĂenamtes fĂŒr interchristliche Beziehungen Priester Antonij Borisov,
stellvertretender Prorektor der Moskauer orthodoxen Geistlichen
Akademie Prof. Vladimir Burega, Prorektor der Kiewer Geistlichen
Akademie Elena Speranskaya, Mitarbeiterin des Sekretariats des
kirchlichen AuĂenamtes fĂŒr interchristliche Beziehungen, Dozentin der
Moskauer Geistlichen Akademie
Von Seiten der EKD:
S.E. Bischof Martin SchindehĂŒtte (Vorsitz), VizeprĂ€sident des
Kirchenamtes der EKD, Leiter der Hauptabteilung fĂŒr Ăkumene und
Auslandsarbeit, Leiter des Amtes der UEK, Hannover Prof. Dr.
Christfried Böttrich, Lehrstuhl fĂŒr Neues Testament,
Ernst-Moritz-Arndt-UniversitÀt Greifswald Pfarrerin Dr. Dagmar
Heller, Dozentin, Ăkumenisches Institut, Bossey / Schweiz Propst
Siegfried Kasparick, Beauftragter fĂŒr Reformation und Ăkumene der
Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Lutherstadt Wittenberg
Pastorin Martina Severin-Kaiser, Ăkumenebeauftragte der Nordkirche,
Hamburg Prof. Dr. Dr. h.c. Martin Tamcke, Lehrstuhl fĂŒr Ăkumenische
Theologie / Orientalische Kirchen- und Missionsgeschichte,
Georg-August-UniversitÀt Göttingen Prof. Reinhard Thöle D.D.,
Konfessionskunde der Orthodoxen Kirchen, Martin-Luther-UniversitÀt
Halle-Wittenberg Pastorin Dr. Jennifer Wasmuth, Wissenschaftliche
Mitarbeiterin am Lehrstuhl fĂŒr Kirchen- und Konfessionskunde /
Ostkirchenkunde, Humboldt-UniversitĂ€t Berlin OKR Michael HĂŒbner,
Kirchenamt der EKD, Referat Mittel- und Osteuropa, Hannover KR Dr.
Martin Illert, Kirchenamt der EKD, Referat Orthodoxie und Ăkumene,
Hannover
Als Gast: Bischof Dietrich Brauer, Bischof der
Evangelisch-lutherischen Kirche EuropÀisches Russland, Moskau
Nadja Simon, Pulheim (Dolmetscherin) Protodiakon Dr. Georg Kobro,
MĂŒnchen (Dolmetscher)
I
Zur Eröffnung verlas S.E. Metropolit Merkurij ein GruĂwort seiner
Heiligkeit, Patriarch Kirills, der die Bedeutung des Dialogs
unterstrich. Die Sitzungen der Dialogberatungen wurden von S.E.
Metropolit Hilarion und S.E. Bischof Martin SchindehĂŒtte moderiert.
Beide Delegationsleiter betonten darĂŒber hinaus die Bedeutung des
Themas fĂŒr das Wirken beider Kirchen. S.E. Metropolit Hilarion, der
gerade aus Beirut nach Rostow angereist war, betonte noch unter dem
Eindruck seiner Teilnahme an den Aussegnungsfeierlichkeiten fĂŒr Seine
Seligkeit Patriarch Ignatios IV des Patriarchen von Antiochia und des
ganzen Ostens, dass die Christen im Nahen Osten und in Nordafrika in
ihrer Existenz bedroht sind und die Gefahr besteht, dass sie in den
gegenwĂ€rtigen politischen UmbrĂŒchen vernichtet werden. Die Teilnehmer
gaben ihrer Besorgnis darĂŒber Ausdruck, dass diese Bedrohung in der
öffentlichen Diskussion der dortigen politischen UmbrĂŒche nicht
gebĂŒhrende Beachtung findet. Am Sonntag, den 09.12.2013, besuchten
beide Delegationen die Göttliche Liturgie in der Kathedrale "Geburt
der Hochheiligen Gottesmutter" zu Rostow. II
Das Thema wurde in sieben Referaten entfaltet: Im
Eröffnungsreferat "Die christliche Antwort auf die Herausforderungen
des Multikulturalismus" entfaltete Igumen Filaret u.a. im Anschluss
an eine aktuelle Studie des Europarates eine kritische Sicht auf die
Umsetzung des gesellschaftspolitischen Konzeptes des
Multikulturalismus. In ihrem Referat "Herausforderungen der
multikulturellen Gesellschaft fĂŒr die Kirchen. Ăberlegungen zu
Antworten aus evangelischer Perspektive" entwickelte Dr. Dagmar
Heller aus der Analyse der Gegenwartssituation in Deutschland und aus
biblischen Texten Rahmenbedingungen fĂŒr ein evangelisches Zeugnis
heute. Das historische Referat von Prof. Vladimir Burega "Die
Geschichte der Herausbildung der multikulturellen Gesellschaft auf
dem Territorium des Russischen Reiches und der Sowjetunion"
skizzierte den Umgang der Staatsmacht mit Volksgruppen und Religionen
im russischen Imperium und in der Sowjetunion. Prof. Martin Tamcke
prĂŒfte in seinem Referat "MultikulturalitĂ€t, InterkulturalitĂ€t,
TranskulturalitÀt. Gegenseitige VerhÀltnisse im Kontext kultureller
Verschiedenheit an Beispielen aus dem antiken christlichen Orient"
die PlausibilitÀt der drei im Titel genannten Modelle an historischen
Beispielen aus der orientalischen Kirchengeschichte. Erzpriester
Vladimir Schmalij wies in seinem Referat "Die Russische Orthodoxe
Kirche und die multikulturelle Gesellschaft" die Eigenart der
russischen Variante der MultikulturalitÀt im Kontext von Ideen der
politischen Philosophie der letzten Jahrzehnte und der Rolle der
Kirche in dem sich verÀndernden soziokulturellen Kontext auf.
Pastorin Martina Severin Kaiser beschrieb in ihrem Vortrag "Kirche
Jesu Christi in der multikulturellen Gesellschaft am Beispiel
Hamburgs", wie die christlichen Kirchen in Hamburg vor Ort einen
bewÀhrten Weg des Miteinanders gefunden haben. S. E. Bischof Martin
SchindehĂŒtte verlas das Referat von VizeprĂ€ses Petra Bosse-Huber.
Diese betonte in dem Vortrag "Orientierung in der multikulturellen
Gesellschaft. Der Beitrag der Evangelischen Kirche im Dialog", dass
die Kirchen sich als FreirĂ€ume fĂŒr die suchenden Menschen 3.
Jahrtausends verstehen sollen, um die Kraft des Evangeliums auch in
der pluralistischen Gesellschaft wirken zu lassen.
III
In den GesprÀchen im Anschluss an die Referate stimmten die
Dialogpartner darin ĂŒberein, dass beide Kirchen in einer
multikulturellen Gesellschaft leben. Dies fordert von den Kirchen die
Gestaltung ihres VerhÀltnisses zu den Vertretern der anderen
Kulturen, Traditionen und zur Gesellschaft als ganzer. DarĂŒber hinaus
mĂŒssen die Kirchen klĂ€ren, wie sich ihr Missionsauftrag zum
interreligiösen Dialog verhÀlt. Die christliche Antwort auf die
Herausforderungen der modernen Welt, in der unterschiedliche
Religionen, Kulturen und Weltanschauungen zusammenleben, entfaltet
ihre Kraft nur dann, wenn sie sich nicht im Rahmen der eigenen
Kultur abschottet, sondern auf der Grundlage von gemeinsamen
christlichen sittlichen und geistlichen Werten zur Geltung gebracht
wird. Die Dialogpartner betonten, dass die Kirchen aus ihrem
christlichen Glauben heraus aufgerufen sind, sich in den
gesellschaftlichen Diskurs einzubringen. Dies sollen sie nicht allein
tun, indem sie die christlichen Wurzeln der europÀischen Kultur
betonen, sondern indem sie die Frucht des lebendigen christlichen
Zeugnisses in die Welt tragen. Dazu bedarf es eines klaren
theologischen und geistlichen Profils. Die Kirchen dĂŒrfen ihre
Botschaft und ihr Glaubensleben nicht verbergen, sondern mĂŒssen ihren
Auftrag gegenĂŒber der gesamten Gesellschaft vertreten. IV Am
11.12.2012 wurde in Anwesenheit der Delegationen das Kommuniqué von
den Delegationsleitern unterzeichnet. Die Delegationen waren sich
einig in der WertschÀtzung der Dialoge und der vielfÀltigen Kontakte
wÀhrend der letzten Jahrzehnte, wie sie auch in dem gemeinsamen
Sammelband "Hinhören und Hinsehen" festgehalten sind. Die
Delegationen halten es fĂŒr wichtig, den Dialog weiterzufĂŒhren.
Pressekontakt:
Evangelische Kirche in Deutschland
Reinhard Mawick
HerrenhÀuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail: reinhard.mawick(at)ekd.de