(ots) - Wofür steht die deutsche Sozialdemokratie heute
eigentlich? Für das in Sigmar Gabriel fleischgewordene
Funktionärswesen? Für das rechte Denken eines Steinbrück? Für die
ausgleichende Art eines Steinmeier? Die Kandidatenvorstellung gestern
hat da keine wirklich neuen Erkenntnisse gebracht.
Wahrscheinlich steht die SPD für alles ein bisschen und für vieles
nicht richtig. Die Partei, aus der Persönlichkeiten wie Friedrich
Ebert, Willy Brandt und Helmut Schmidt hervorgingen, macht eine
Personalpolitik, die jedem Personalchef in der Privatwirtschaft eine
Abmahnung einbringen würde. Da wird über Monate und noch vor Tagen
beteuert, man werde sich erst um die Jahreswende erklären, wer die
Partei als Kanzlerkandidat in den Wahlkampf führe. Aber es werde
einer aus der Troika Gabriel, Steinbrück und Steinmeier sein. Um dann
gestern zu erklären, nein, nun mache man es lieber sofort, der Peer
Steinbrück werde das machen.
Ohne Zweifel hat der klar und kalkuliert denkende Kandidat, er war
mal Bundesfinanzminister und Ministerpräsident, jenes intellektuelle
Stehvermögen, das es braucht, um die Kanzlerin herauszufordern. Doch
einen guten Eindruck beim Wähler haben die gruppendynamischen
Spielchen um die Troika nicht gemacht. Und dem politischen Gegner
macht man so auch keine Angst.
Führung ist das größte Problem dieser einst großen Partei. Die
gibt sich siegessicher, weil sie vor einigen Monaten die Landtagswahl
in Nordrhein-Westfalen gewonnen hat. In ihrer satten
Selbstzufriedenheit erinnern nun manche Genossen an Altkanzler
Gerhard Schröder, der 2005 nach der Wahl der Siegerin Angela Merkel
sehr kühn ihren Sieg absprach. Er ließ ahnen, wie sehr er die Macht
liebte und die Wirklichkeit ausblendete. Mit einem ähnlich
aufgeblähten Selbstbewusstsein und wenig sichtbarer Programmatik
werden für diese SPD Wahlen kaum zu gewinnen sein. Kann Steinbrück
Kanzler, wie er selbst behauptet? Ja. Aber er braucht dazu eine
Partei, die weiß, wohin die Reise gehen soll.
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