(ots) - Den Tag der Arbeit am 1.Mai könnte man getrost
abschaffen, meinen nicht wenige Bürger. Das ist eine interessante
Idee, schließlich stehen auch am 8.März, dem Internationalen
Frauentag, die Bänder nicht still. Und wer hätte schon jemals
erwogen, am Tag des Wassers nichts mehr zu trinken oder am Tag des
Kindes den Nachwuchs nicht zur Schule zu schicken!
Der 1.Mai mit seinen Kundgebungen ist zum langweiligen Ritual
verkommen. Dieses Jahr findet die zentrale Kundgebung des Deutschen
Gewerkschaftsbundes in Stuttgart statt. Die Parolen dürften wieder
nach Klassenkampf klingen und nicht wie die Moderne, in der wir
leben. Doch heute begegnen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer am
Konferenztisch, statt wie früher auf den Barrikaden am Fabriktor.
Einige Gewerkschaftschefs mit Chauffeur, wie der Verdi-Vorsitzende
Bsirske oder auch DGB-Chef Sommer, tun immer noch so, als ginge sie
das nichts an.
Die Gewerkschaften gehören zur Geschichte der deutschen
Arbeiterbewegung wie die Sozialdemokratie. Ohne die Gewerkschaften
wäre die soziale Mobilität in Deutschland nicht so entwickelt: Männer
aus Arbeiterhaushalten werden Konzernchefs, Schülerinnen aus
sogenanntem einfachen Hause machen das Abitur und gehen auf die
Universität. Doch den Einzelgewerkschaften scheint es heute meist nur
noch um die Interessen ihrer Berufsgruppen zu gehen, die der Lehrer,
der Piloten, der Metaller, der Schlecker-Frauen. Der Blick auf das
Ganze, auf die Gesellschaft und ihren sozialen Frieden, ist verloren
gegangen. Und diejenigen, die nicht das Glück haben, in Lohn und Brot
zu stehen, die oft ohne eigenes Zutun aus dem Arbeitsprozess gefallen
sind, werden von den Gewerkschaften nicht mitgenommen. Die
Arbeiteraristokratie, satt und zufrieden, schottet sich ab.
Wollen die Gewerkschaften den 1.Mai als Tag der Arbeit erhalten,
an dem gefeiert und gefordert wird, müssen sie sich in diese
Gesellschaft einbringen und Gesamtverantwortung zeigen. Sonst können
wir am 1.Mai auch getrost arbeiten gehen.
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