(ots) - Wenn Oppositionsführerin Julia Timoschenko nicht
freigelassen wird, will Angela Merkel ihren Ministern »empfehlen«,
der Fußball-EM in der Ukraine fernzubleiben. Es ist freilich eine
Grobform der Selbstüberschätzung: Immer wenn Politiker eine Lage
ändern wollen, drohen sie mit Abwesenheit. Das ist, als erpresse ein
Bankräuber den Kassenwart mit den Worten: »Wenn du das Geld nicht
herausrückst, verschwinde ich wieder!« Der Politiker, der ankündigt,
er werde eine Veranstaltung boykottieren, wenn nicht  ... - er
ist dabei, Gutes zu tun. Was legitimiert Politiker, sich so manisch
in Sportnähe aufzuhalten? Nur weil sie sich selber auf finstere Art
die Bälle zuwerfen? Weil sie gern Zukunft aufs Spiel setzen? Weil sie
geschickt auf Zeit spielen, um ihr Mandat in die Verlängerung zu
retten? Diese Leute fühlen sich schon olympisch, weil sie andauernd
durch einen Sitzungsmarathon gähnen. Bei der WM 2006 wunderten sich
viele, warum Franz Beckenbauer seine Haushaltshilfe so oft ins
Stadion lud - bis man sah, es war Frau Merkel. Seither hält sie das
von ihr regierte Land für ein »Sommermärchen« - nur weil immer mehr
Leute zur Politik sagen: Das darf ja wohl nicht wahr sein! Nein,
Politiker gehören nicht in Stadien. Der Bundespräsident gibt das Maß.
Er boykottiert bereits jetzt die Ukraine, wo sich junge Menschen
demnächst zusammenrotten - um in bestimmten Abständen vorm Tor der
Freiheit eine Mauer zu bilden. Möglichst unüberwindlich. Deshalb,
deutsche Politiker, bleibt zu Hause, tut weiter, was nur ihr könnt:
den Ball, aber vor allem den Kopf ganz flach halten, wie immer.
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