(ots) - Die Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie 
und die Patientenorganisation Deutsche Schmerzliga haben das Projekt 
»Praxis-Leitlinien« als Bestandteil der Schmerzoffensive Deutschland 
gestartet. Ziel ist eine bessere Behandlung von Schmerzpatienten. Die
ersten Leitlinien werden auf dem Deutschen Schmerz- und Palliativtag 
in Frankfurt präsentiert und diskutiert. Ebenso stellen Experten 
erste Praxis-Fragebögen vor, die eine Konsequenz der Leitlinienarbeit
sind. Sie sollen Ärzten eine individuell angepasste Therapie ihrer 
Patienten erleichtern.
   Die Zahl der Leitlinien in der Schmerztherapie steigt - und mit 
ihr die Desorientierung von Ärzten und Patienten. Denn viele 
Leitlinien haben Defizite und Schwächen. »Oft entsprechen deren 
Aussagen weder den praktischen Erfahrungen der Schmerztherapeuten, 
noch denen der betroffenen Patienten«, sagt Priv. Doz. Dr. Michael A.
Überall, Leiter des Instituts für Qualitätssicherung in 
Schmerztherapie und Palliativmedizin in Nürnberg. Hinzu kämen 
fehlende Transparenz, fehlerhafte Darstellungen und Interpretationen 
wissenschaftlicher Studien sowie »eminenzdominierte« Empfehlungen, 
kritisiert der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für 
Schmerztherapie.
   »Eingesetzt als Orientierungshilfen, die externe, 
wissenschaftliche Evidenz mit der praktischen Erfahrung von Ärzten 
und den Erwartungen Betroffener kombinieren, sind Leitlinien 
gleichwohl sinnvoll und wichtig«, betont Überall. Darum haben die 
Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie und die 
Patientenorganisation Deutsche Schmerzliga damit begonnen, 
entsprechend diesem Prinzip Praxis-Leitlinien für den Bereich 
Schmerztherapie zu entwickeln. »Diese haben eine hohe fachliche und 
methodische Qualität und entstehen unter Bedrücksichtigung 
internationaler Empfehlungen zur Leitlinienentwicklung«, sagt 
Überall.
   Die Praxis-Leitlinien haben jeweils einen modularen Charakter. In 
insgesamt drei parallelen Modulen werden Empfehlungen gegeben zu 
Medikamenten, zu nichtmedikamentösen Verfahren sowie zu invasiven und
operativen Verfahren. Diese Module werden auf der übergeordneten 
Stufe zu Empfehlungen zum praktischen Vorgehen in der täglichen 
Praxis verknüpft.
   PRAXIS-LEITLINIE TUMORSCHMERZ.
   Nach diesen Prinzipien hat die Arbeitsgruppe Palliativmedizin der 
Gesellschaft eine Leitlinie zum Tumorschmerz erarbeitet. Eine 
Kurzversion dieser Leitlinie wird von Dr. med. Dipl. Psych. Johannes 
Horlemann, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für 
Schmerztherapie in Frankfurt präsentiert. Zusammen mit sechs anderen 
Experten (Dr. Silvia Maurer, Bad Bergzabern, Dr. Michael Küster, 
Bonn, Dr. Klaus Längler, Erkelenz, Dr. Rüdiger Lang, Duisburg, Dr. 
Hans-Hermann Nägelein, Rosenheim und Dr. Norbert Schürmann, Moers) 
hat Horlemann intensiv die wissenschaftliche Literatur der letzten 
fünf Jahre analysiert und eine patienten- und praxisnahe Leitlinie 
etabliert. Die Veröffentlichung der Langfassung soll noch in diesem 
Jahr erfolgen. Die Hospizbewegung und die Patientenorganisation 
Deutsche Schmerzliga werden in die Evaluierung der Aussagen 
einbezogen. Horlemann: »Wir haben sicher gestellt, dass nur solche 
Autoren beteiligt sind, die täglich mit der Therapie von 
Tumorschmerzen zu tun haben. Eminenzbasierte Empfehlungen wurden 
ausgeschlossen.«
   So empfiehlt die Leitlinie beispielsweise, dass 
Tumorschmerzpatienten keineswegs alle Ebenen des WHO Stufenschemas 
1-3 durchschreiten müssen, die Behandlung also zunächst mit 
nicht-opioid-Analgetika beginnt und erst danach stärkere Medikamente 
eingesetzt werden. »Den Vorrang bei der Auswahl eines Medikamentes 
haben, so die Empfehlung, die Wirkstärke und die Verträglichkeit.« 
Morphin ist die traditionelle Referenzsubstanz in der 
Tumorschmerztherapie. Aufgrund besserer Verträglichkeit sind 
alternative Opioide überlegen, empfiehlt die Leitlinie. Morphin, so 
die Begründung, habe die höchste Obstipationsquote unter den 
verfügbaren Opioiden WHO Stufe 3, daher sollten Antiobstipativa 
regelmäßig erwogen werden. Ebenfalls konstatiert die Leitlinie: 
»Grundsätzlich sind Generica untereinander und gegenüber ihren 
jeweiligen Originalpräparaten in WHO Stufe 1-3 aufgrund 
unterschiedlicher Bioverfügbarkeit und Galenik nicht austauschbar.«
   Ebenfalls präsentiert wird eine Praxis-Leitlinie zur Therapie des 
Durchbruchschmerzes. Diese gehören zu den häufigeren 
schmerztherapeutischen Problemen  bei Krebserkrankungen. Sie treten 
spontan oder im Zusammenhang mit einem bestimmten vorhersehbaren oder
nicht vorhersehbaren Auslöser auf, obwohl die Dauerschmerzen 
konsequent und effektiv behandelt werden.
   MUSKELRELAXANTIEN GEGEN RÜCKENSCHMERZ AUF DEM PRÜFSTAND.
   Das Leitlinien-Modul Muskelrelaxantien bei Kreuzschmerzen wird 
ebenfalls in Frankfurt diskutiert. In diesem Modul bewerteten die 
Experten insgesamt acht Wirkstoffe mit muskelentspannender Wirkung, 
die in Deutschland zugelassen sind sowie sechs Wirkstoffe, die nicht 
zugelassen sind, aber zum Teil über Versandapotheken verfügbar sind. 
Neben der verfügbaren externen Evidenz aus kontrollierten Studien 
fließen standardisiert erhobene klinische Erfahrungen der Therapeuten
als interne Evidenz, die Erfahrungen der Patienten sowie Daten zu 
Sicherheit und Verträglichkeit in die Bewertung ein. Als Mittel der 
1. Wahl empfiehlt dieses Modul den Wirkstoff Flupirtin, das bei allen
Kriterien am besten abschnitt.
   PRAXIS-FRAGEBÖGEN.
   Adressaten der ebenfalls in Frankfurt präsentierten ersten neuen 
Praxis-Fragebögen sind alle schmerztherapeutisch interessierten und 
engagierten Ärzte. Die Praxisfragebögen sind Teil des 
Praxis-Leitlinienprogramms der Deutschen Gesellschaft für 
Schmerztherapie und damit auch Teil der Schmerzoffensive Deutschland.
»Das Prinzip dieser Fragebögen ist einfach: Sie sind mit zwei Seiten 
übersichtlich und sollen - aufbauend auf Angaben des Patienten - den 
Arzt dabei unterstützen, das Für und Wider bestimmter Therapien für 
den jeweiligen Einzelfall zu prüfen, Vor- und Nachteile gegeneinander
abzuwägen und das ganze möglichst einfach und standardisiert zu 
dokumentieren«, erklärt Überall.
   Vorgelegt werden auf dem Deutschen Schmerz- und Palliativtag drei 
Fragebögen: Einer zur Therapiesicherheit bei entzündungsbedingten 
Schmerzen, einer zur Therapiesicherheit bei »unspezifischen«, sprich:
meistens muskulär bedingten Kreuz-, Rücken-, Schulter und 
Nackenschmerzen, Nummer drei erleichtert die Abwägung der 
Therapiesicherheit bei tumorbedingten Durchbruchschmerzen. Bei den 
einzelnen Fragebögen haben Sponsoren die Druckkosten übernommen, 
damit die Fragebögen im Rahmen des Deutschen Schmerztages jeweils ab 
dem Zeitpunkt ihrer Vorstellung im Rahmen des Hauptprogramms 
Besuchern kostenlos zu Verfügung stehen. »Wie üblich ersetzt der 
Fragebogen nicht den Arzt beziehungsweise das Denken«, schmunzelt 
Überall, »aber alleine die Auseinandersetzung mit ihm und mit den 
Angaben des Patienten führt unserer Erfahrung nach bereits zu einer 
entscheidenden Verbesserung der Versorgung.«
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