(ots) - Der Bankenverband hat recht: Der jüngste 530
Mrd. Euro schwere Dreijahreskredit an Eurolands Geschäftsbanken durch
die Europäische Zentralbank (EZB) darf nicht als
"Breitbandantibiotikum" missverstanden werden. Völlig zu Recht weist
Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer darauf hin, dass die EZB nur Zeit
kaufen, aber weder einen funktionsfähigen Interbankenmarkt ersetzen
noch die Staatsschuldenkrise lösen kann. Leider aber kennt die EZB
mittlerweile keine Grenzen mehr bei der Lockerung ihrer Geldpolitik:
Immer längere Geschäfte, immer geringere Anforderungen an die
Sicherheiten und einen EZB-Präsidenten Mario Draghi, der Banken
unverhohlen dazu drängt, sich nur ja viel billiges Geld bei der
Zentralbank zu holen. Dabei hat der Großteil Eurolands die EZB-Hilfen
gar nicht nötig und von der Kreditklemme, vor der Draghi seit Wochen
fast panisch warnt, war und ist nichts zu sehen.
Sicher, nicht zuletzt die teils ungeschickte Regulierung mag die
Finanzierung von Banken in den vergangenen Monaten erschwert haben
und ein Argument für den Dreijahrestender sein. Dann aber bitteschön
nicht zu diesen extrem niedrigen Zinsen und nicht gegen immer
schlechtere Sicherheiten!
Und besagte Kreditklemme ist außer vielleicht in den Krisenländern
nicht zu erkennen: In Deutschland liegt die Ifo-Kredithürde extrem
niedrig und die Kreditvergabe zieht an. Auch links des Rheins ist die
Lage entspannt. Laut Natixis-Chefökonom Patrick Artus gibt es in
Frankreich lediglich "einen großen Rückgang in der Kreditnachfrage".
Die Banken als Kreditanbieter seien keineswegs knausrig. Die
großzügige EZB-Politik habe folglich einen ganz anderen Grund: "Ohne
die Dreijahrestender gäbe es den Euro nicht mehr." Bereits der erste
EZB-Dreijahreskredit vom Dezember hat wesentlich dazu beigetragen,
dass Banken überhaupt noch Anleihen von Ländern wie Italien oder
Spanien kaufen und diese so flüssig bleiben. Aber wie lange will die
EZB diese Art indirekter Staatsfinanzierung betreiben? Sie kann mit
ihren "Bail- out-Tendern" nur Zeit kaufen.
Dabei impliziert die Vokabel "kaufen", dass diese Geldpolitik
einen Preis hat: So wachsen in den Bilanzen der Währungshüter
Risiken, die vor allem der deutsche Steuerzahler trägt. Und in
Deutschland bilden sich mittlerweile durch das viele billige EZB-Geld
Blasen etwa an den Bond- und Immobilienmärkten - wie in den ersten
Jahren der Währungsunion in Irland, Portugal, Spanien, Griechenland
und Italien. Offenbar nimmt die EZB zur Rettung des Euro und aller
Euro-Länder den Preis eines weiteren Boom-and-Bust-Zyklus in Kauf.
(Börsen-Zeitung, 1.3.2012)
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