(ots) - Die erbitterte Diskussion über einen "Ehrensold" für
Christian Wulff tut unserer politischen Kultur so wenig gut wie die
unwürdigen Umstände, die zu seinem Rücktritt führten. Laut Gesetz
steht jedem ehemaligen Bundespräsidenten eine fürstliche Apanage von
rund 200 000 Euro zu. Das gilt für Christian Wulff genauso wie
für Horst Köhler. Warum auch nicht? Selbst wenn sich der letzte
Bundespräsident nicht eben mit Ruhm bekleckert hat, gilt für ihn das
gleiche Recht wie für seine Vorgänger. Was dem Staat sein Oberhaupt
wert ist, kann man auch daran erkennen, wie man es nach dem
Machtverlust behandelt. "Zapfenstreich" zum Abschied und Ruhegeld auf
Lebenszeit sind Zeichen des Respekts für das höchste Amt im Staat
ganz unabhängig von der Person, die es bekleidet hat. Unsere junge,
stolze Demokratie sollte so souverän sein, mit seinem ehemaligen
Souverän großzügig zu verfahren. Selbst wenn er sich als
Fehlbesetzung im höchsten Staatsamt erwiesen hat, ist Christian Wulff
nicht entehrt. Öffentliches Nachtreten gegen den ohnehin Gestraften,
wirkt kleinkariert und unangemessen. Seltsam schräg erscheint, dass
nun das Bundespräsidialamt selbst seinem ehemaligen Chef das Ruhegeld
noch vor der Wahl eines Nachfolgers genehmigt. Die Eile provoziert
neue Häme und Spekulationen. Joachim Gauck würde wohl nicht anders
entscheiden. Es wäre eine versöhnliche Geste und kein Gnadenakt,
sondern eine Selbstverständlichkeit. Allerdings darf man den
"Ehrensold" nicht ganz ohne Vorbedingung überweisen. An den
Dauerauftrag sollten Bedingungen geknüpft sein, die der Anstand
gebietet. Sollte sich Christian Wulff als hoher politischer
Funktionsträger nachweislich strafbarer Handlungen, wie Vorteilsnahme
oder Betrug, schuldig gemacht haben, sollte es mit der stattlichen
Besoldung ein Ende haben. Allerdings gibt es kein Gesetz, das den
Zahlungsstopp veranlassen könnte. Aber es sollte für Wulff eine Frage
der Ehre sein, dann freiwillig auf Sold und Privilegien zu
verzichten. Es wäre seine letzte Chance nicht endgültig als
Schnäppchenjäger der Nation in die Geschichtsbücher Eingang zu
finden.
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