(ots) - Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat
das heute vor 20 Jahren in Kraft getretene Stasi-Unterlagen-Gesetz
als Erfolg gewürdigt. "Das Gesetz ist eine gute Geschichte", sagte er
der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung"
(Donnerstag-Ausgabe). "Die Opfer haben Einsicht nehmen können in die
Akten ihrer Unterdrücker. Das war eine wichtige Konsequenz aus der
friedlichen Revolution. Und es ist nicht, wie von manchen befürchtet,
zu Siegerjustiz oder Lynchjustiz gekommen." Zu beklagen sei
allerdings "die häufige Verkürzung von DDR-Biografien zu
Skandalgeschichten von Feigheit und Verrat". Der SPD-Politiker
kritisierte überdies das Vorhaben, die 45 ehemaligen
Stasi-Mitarbeiter in der Stasi-Unterlagen-Behörde mit Hilfe der
jüngsten Gesetzesnovelle in andere Bundesbehörden zu versetzen. Dies
sei "verfassungsrechtlich problematisch - nicht zuletzt deshalb, weil
diese Personen nicht trotz, sondern wegen ihrer Stasi-Mitarbeit
eingestellt wurden". Er rechne mit Klagen. "Problematisch" sei zudem
der Plan, den Kreis der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, die auf
Stasi-Tätigkeit untersucht werden sollen, noch einmal auszuweiten,
denn: "20 Jahre nach dem Ende sollten wir uns mehr mit den Strukturen
und Mechanismen des DDR-Unterdrückungsapparates befassen als mit der
Verfolgung von Menschen, die diesem System einst gedient, sich in der
Demokratie aber inzwischen bewährt haben." Mit Blick auf den
Behörden-Leiter Roland Jahn erklärte Thierse, dieser habe mit der
geplanten Versetzung der 45 Ex-Stasi-Leute "einen großen, ja geradezu
heftigen Eifer bewiesen. Ich bin gespannt, ob er das Amt ansonsten
mit der nötigen Sachlichkeit und Gelassenheit ausfüllt." Der
Bundestagsvizepräsident hatte 1991 selbst an der Erarbeitung des
Stasi-Unterlagen-Gesetzes mitgewirkt.
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