(ots) - Der Vorwurf, dass sich die Deutsche Bahn
AG zu Tode spare, ist in den vergangenen Jahren häufig lautstark 
geäußert worden - von oppositionellen Verkehrspolitikern, 
Verbraucherverbänden und den Verbrauchern selbst. Nach dem 
verheerenden Zugunglück in Sachsen-Anhalt wird sich so mancher die 
Frage stellen, ob das Staatsunternehmen damit auch seine Kunden zu 
Tode spart. Zwar könnte der Zusammenstoß der beiden Züge tatsächlich 
auf menschliches Versagen zurückzuführen sein. Gerade weil 
menschliches Versagen aber stets möglich ist, gibt es technische 
Hilfsmittel, die die Folgen solcher Fehler begrenzen: wie eben das 
System der "Punktförmigen Zugbeeinflussung" (PZB), das eine 
Notbremsung auslöst, wenn ein Zug ein rotes Haltesignal überfährt.
   Dass diese PZB 70 Jahre nach ihrer Erfindung auf der 
Unglücksstrecke noch nicht installiert ist, kommt einer groben 
Fahrlässigkeit gleich. Daran ändert auch nichts, dass dieser 
Sicherheitsmangel laut Bundesverkehrsministerium und Bahn AG im 
Einklang mit der Eisenbahn-Betriebsordnung steht. Das belegt nur, 
dass die entsprechende Richtlinie nichts taugt: Man muss kein 
Technik-Experte sein, um die Katastrophe voraussehen zu können, die 
ein Zusammenstoß eines Personenzuges mit einem in der Regel mehrere 
Hundert Tonnen schweren Güterzug zu Folge hat - selbst wenn dieser 
"nur" mit einer Geschwindigkeit von 99 km/h unterwegs ist.
   Die Frage ist, warum hat diese technische Absicherung auf der 
Strecke zwischen Magdeburg und Halberstadt gefehlt? Warum vergammeln 
überhaupt viele Trassen in ganz Deutschland? Von diesen Fragen, so 
scheint es, wollen die Bahn und das Verkehrsministerium ablenken. Und
das aus gutem Grund: Sowohl das Management des Staatsunternehmens als
auch dessen Eigentümer tragen Schuld an der Vernachlässigung des 
Schienennetzes in der Fläche.
   Rund vier Milliarden Euro Steuergelder erhält die Bahn AG jedes 
Jahr für Investitionen in das Schienennetz. Was sie damit macht, ist 
immer noch mehr oder weniger ihr selbst überlassen. Und natürlich 
lenkt der Konzern das Geld vor allem dort hin, wo er am stärksten 
davon profitiert: Auf Schnellstrecken, wo die Ticketpreise hoch sind 
und auf Regionalstrecken, die vor allem von ihren eigenen Zügen 
befahren werden - anders als auf der Unglücksstrecke, wo das 
Staatsunternehmen selbst nur eine sehr geringe Zahl von Güterzügen 
fährt, der Großteils der Verkehre in privater Hand liegt.
   Erschwerend kommt hinzu, dass die Bahn AG nach wie vor einen 
unverhältnismäßig großen Teil der ohnehin viel zu geringen 
Subventionen in Prestige-Bauten steckt. Auch, weil sie damit 
Regionalfürsten entgegenkommen will, die irgendwann mit darüber 
entscheiden, ob neu ausgeschrieben Nahverkehrsstrecken an das 
Staatsunternehmen gehen oder private Konkurrenz. Und statt die 
inzwischen sprudelnden Gewinne aus der Netzsparte komplett in das 
Netz zu reinvestieren, subventioniert das Bahn-Management damit auch 
noch andere Konzernbereiche - auch für Übernahmen im Ausland.
   Öffentlich mag der Bund die Bahn dafür rügen - schließlich will er
nach eigener Darstellung möglichst viel Verkehr auf der Schiene. Aber
tatsächlich unterstützt der Eigentümer die Strategie der Bahn. Warum?
Weil der Staatskoloss möglichst viel Gewinn abwerfen und damit den 
Haushalt entlasten soll. Deshalb sollte die Bahn auch an die Börse, 
und so verlangt der Bund neuerdings auch eine 
500-Millionen-Euro-Dividende vom Konzern.
   Mit diesem Dilemma zwischen öffentlicher Daseinsvorsorge und 
Gewinnmaximierung muss endlich Schluss sein. Deutschland braucht eine
neue Bahn-Politik. Wenn das System Bahn für alle da sein soll, muss 
der Bund das Netz aus dem Bahnkonzern herauslösen, in eine neutrale 
staatliche Gesellschaft ohne Renditedruck überführen - und 
entsprechend dafür zahlen.
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