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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Zensurgesetz in Ungarn

ID: 321925

(ots) - Ungarn zensiert Presse, Radio, Fernsehen und das
Internet. Start: 1. Januar - zeitgleich mit der Ãœbernahme der
EU-Ratspräsidentschaft für sechs Monate. Das eine geschieht
unabhängig vom anderen. Aber: Anschläge auf Grundfreiheiten und
europäische Führungsaufgaben sind wie Feuer und Wasser. Ungarn hat 20
Jahre versucht, belastbare demokratische Standards auch in den Köpfen
zu etablieren - und ist gescheitert. Lange vor dem heftigen
Rechtsruck bei den jüngsten Wahlen hatte der ungarische
Literaturnobelpreisträger Imre Kertész beklagt, Rechtsextremisten und
Antisemiten hätten in der Politik das Sagen. Dabei stellten zu dem
Zeitpunkt noch Sozialisten, zeitweise unterstützt von Liberalen, die
Regierung. Inzwischen hat die vor allem gegen Roma hetzende
Jobbik-Partei 17 Prozent der Stimmen. Die Regierungspartei Fidesz von
Regierungschef Viktor Orbán stützt sich daneben auf 52,8 Prozent der
Wählerstimmen und eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament. Die Ungarn
wollten den starken Mann, jetzt haben sie ihn. Auch deshalb ist das
neue Pressegesetz so gefährlich. Dabei gibt es durchaus
Handlungsbedarf. Ungarn hat derzeit weder einen funktionierenden
Jugendschutz, noch kennt es Regelungen zur Frequenzvergabe oder auch
gegen Gewaltverherrlichungen, Falschanschuldigungen und zum Schutz
der Privatsphäre . Beim Versuch, auf 170 Seiten Versäumtes
nachzuholen, ist die Regierung gehörig über das Ziel
hinausgeschossen. Denn: Ein ausschließlich mit Mitgliedern der
Regierungspartei besetzter »Medienrat« darf künftig enorme Bußgelder
verhängen, wenn die Berichterstattung nicht »ausgewogen« ist. Niemand
weiß, was das konkret bedeutet und wo die vermeintliche rote Linie
verläuft. Nur eines ist sicher: TV-Sendern und Zeitungshäusern droht
schnell die Pleite, wenn sie gegen die Zensur verstoßen. Mehr noch:
Wer über »Fragen der nationalen Sicherheit« berichtet, muss seine




Quellen offenlegen. Damit ist jeglicher Recherche in
Sicherheitsfragen ein Riegel vorgeschoben. Ohne
Zeugnisverweigerungsrecht fehlt der vierten Gewalt die wichtigste
Waffe. Auch hierzulande wird die Pressefreiheit bisweilen mal
angetastet. Franz Josef Strauß entdeckte 1962 einen »Abgrund an
Landesverrat«, Oskar Lafontaine wollte einst an der Saar durchgreifen
und billigt bis heute die Zensur auf Kuba. Auch Ursula von der Leyens
Vorstoß gegen Kinderpornos im Internet kam ohne Zensur nicht aus. In
Ungarn dagegen sind die Hunde einfach von der Kette gelassen worden.
Aber abwarten, wie bissig sie in der Praxis sind - so Orbáns
Verteidigungsrede - kann Europa nicht dulden. Einschränkungen von
Grundfreiheiten erlauben kein Unentschieden. Alle EU-Regierungen
haben im kommenden Halbjahr reichlich Gelegenheit zum Gespräch mit
Ungarns Staatschef. Sie sollten das Thema bei keinem Termin
auslassen.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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Datum: 29.12.2010 - 20:30 Uhr
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