(ots) - Die Stärkung der Tarifpluralität durch das 
Bundesarbeitsgericht (BAG) ist keine Gefahr, sondern ein Gewinn für 
das deutsche Tarifsystem. Sie gewährleistet das notwendige Maß an 
Wettbewerb bei größtmöglicher Wahrung der Einheitlichkeit.
   "Mehr Tarifpluralität einzufordern heißt nicht, automatisch den 
Flächentarif zu zerschlagen", so Gerhard Kronisch, 
Hauptgeschäftsführer des Führungskräfteverbandes Chemie (VAA). Gerade
in der Chemischen Industrie habe sich die Sozialpartnerschaft, 
bestehend aus dem Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC), der 
Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE) und dem 
VAA, über Jahrzehnte bewährt. Kronisch weiter: "Dies können und 
wollen wir zu keinem Zeitpunkt infrage stellen. Vernunft und 
gegenseitiger Respekt haben in der Chemie zu einem vertrauensvollen, 
konstruktiven und - das sage ich nicht ohne Stolz - für alle Branchen
beispielhaften Miteinander geführt." Dieses Erfolgsmodell werde durch
die BAG-Entscheidung in keiner Weise gefährdet. "Dass 
unterschiedliche Berufsgruppen gebührend vertreten werden, ist Teil 
des Erfolgsrezeptes in der Chemie", betont der 
VAA-Hauptgeschäftsführer.
   Mit der Aufhebung des richterrechtlichen Prinzips der Tarifeinheit
haben die Richter des BAG am 7. Juli 2010 einen wichtigen und mutigen
Schritt getan. Die Veränderung der Rechtsprechung in diesem Punkt war
überfällig, denn die grundrechtlich geschützte Koalitionsfreiheit ist
kein Privileg bestehender Gewerkschaften und Verbände. Deshalb hat 
das BAG recht, wenn es nunmehr feststellt, das System der 
Tarifautonomie sei auf Pluralität und Wettbewerb angelegt.
   Der gemeinsame Vorstoß der Bundesvereinigung der Deutschen 
Arbeitgeberverbände (BDA) und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB)
für alleinige Geltung des Tarifvertrages der Mehrheitsgewerkschaft im
Betrieb wird entgegen seinem erklärten Ziel faktisch der Zerklüftung 
der Tariflandschaft und dem Häuserkampf Vorschub leisten. Dass dieser
Gesetzesvorschlag mit der Verfassung nicht vereinbar ist, ist das 
Ergebnis der aktuellen Gutachten der beiden renommierten Experten für
Arbeitsrecht Prof. Wolfgang Däubler und Prof. Volker Rieble, die dem 
VAA vorliegen und auf Nachfrage zur Verfügung gestellt werden können.
Der Führungskräfteverband Chemie weist deshalb den jüngsten Vorstoß 
von BDA und DGB zurück, die Tarifeinheit über den Gesetzgeber um den 
Preis einer Verfassungsänderung wiederherstellen zu lassen. Sollten 
die Bürger den Eindruck gewinnen, dass die Verfassung zur Disposition
mächtiger Verbände steht, wäre dem freiheitlich demokratischen 
Verfassungsstaat ein nicht mehr wieder gutzumachender 
Glaubwürdigkeitsschaden zugefügt.
   VAA-Hauptgeschäftsführer Gerhard Kronisch wirbt bei allen 
Entscheidungsträgern in der Politik eindringlich dafür, von 
unüberlegten Eingriffen in die grundrechtlich geschützten Freiheiten 
wie die Koalitionsfreiheit Abstand zu nehmen. Er warnt die 
Beteiligten davor, in Aktionismus zu verfallen: "Wer englische 
Verhältnisse heraufbeschwört und gleichzeitig wider besseres Wissen 
die Koalitionsfreiheit auszuhebeln versucht, wird seiner 
gesellschaftlichen Verantwortung nicht gerecht." Dies führe zu einer 
Radikalisierung in Teilen der Arbeitnehmerschaft, an der niemandem in
Deutschland gelegen sein könne. "Tarifpluralität leben heißt, 
Verantwortung für alle Arbeitnehmer zu übernehmen", so Kronisch. Die 
deutsche Tariflandschaft werde dadurch nur bereichert und gefestigt.
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   Die Führungskräfte Chemie sind zusammengefasst im Verband 
angestellter Akademiker und leitender Angestellter der chemischen 
Industrie e. V. (VAA). Der VAA vertritt die Interessen von rund 
27.000 Führungskräften aller Berufsgruppen in der 
chemisch-pharmazeutischen Industrie und den angrenzenden Branchen.
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