PresseKat - Zucker-Lobby belügt Abgeordnete des Bundestags - foodwatch entlarvt sieben "Zucker-Mythen"

Zucker-Lobby belügt Abgeordnete des Bundestags - foodwatch entlarvt sieben "Zucker-Mythen" von Lebensmittelindustrie und führenden Politikern

ID: 1524790

(ots) - Die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker hat
versucht, Politiker des Deutschen Bundestags mit Falschaussagen zu
beeinflussen. Damit geht die Zuckerlobby erneut gegen
gesundheitspolitische Initiativen vor, die einen Rückgang des
Zuckerkonsums zur Folge hätten. Seit Jahren fordern Mediziner im
Kampf gegen Übergewicht und Fehlernährung gesetzliche Maßnahmen wie
Werbeverbote, eine verbesserte Nährwertkennzeichnung und
Sondersteuern für Zuckergetränke.

- Lobbyverband der Zuckerindustrie versucht mit Falschaussagen
Politiker des Bundestags zu beeinflussen
- foodwatch fordert Richtigstellung von Verbandschef Günter Tissen
- Auch Spitzenpolitiker täuschen Öffentlichkeit mit
Fehlinformationen über Zucker

In einem Rundschreiben vom 27. April 2017 erklärte der
Lobbyverband der Zuckerwirtschaft etwa, dass "die Deutschen heute
nicht mehr, sondern eher weniger Kalorien aufnehmen als früher".
Trotz Nachfrage durch die Verbraucherorganisation foodwatch konnte
der Verband diese Aussage jedoch nicht belegen. Laut der
Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ist die
Kalorienaufnahme in Deutschland seit den 1960er-Jahren deutlich
angestiegen, auch die EU-Kommission und die Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bestätigen
dies. foodwatch startete heute eine E-Mail-Aktion unter
http://zucker.foodwatch.de, in der sie den Geschäftsführer der
Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker, Günter Tissen, auffordert, die
Falschaussage nicht zu wiederholen und von den Internetseiten des
Verbands zu löschen.

"Die Zuckerindustrie verhält sich wie früher die Tabak-Konzerne:
Mit Falschaussagen werden die Gefahren der Produkte verschleiert und
unliebsame politische Initiativen verhindert. Jetzt belügt die Lobby
sogar Abgeordnete des Deutschen Bundestags, um ihr Geschäftsmodell zu




verteidigen", sagte Oliver Huizinga, Leiter Recherche und Kampagnen
von foodwatch.

foodwatch kritisierte, dass in der Debatte um Ãœbergewicht und
Zucker zahlreiche Mythen verbreitet werden. Das trifft sowohl auf
führende Vertreter der Lebensmittelwirtschaft als auch auf
Spitzenpolitiker wie Bundesernährungsminister Christian Schmidt zu.
foodwatch veröffentlichte heute ein Papier mit den sieben größten
"Zucker-Mythen":

Mythos 1: "Der Mensch hat einen Zuckerbedarf."

Bundesernährungsminister Christian Schmidt behauptete in einer
ARD-Talkshow, dass "jeder Mensch Zucker" brauche. Tatsache ist: Es
gibt keinen Bedarf, Zucker als Lebensmittel aufzunehmen. Das
menschliche Gehirn benötigt zwar eine bestimmte Menge an Glukose am
Tag. Der Körper ist jedoch in der Lage, diese Glukose beispielsweise
aus Stärke aufzuspalten, die etwa in Brot und Nudeln enthalten ist.

Mythos 2: "Zuckergetränke machen nicht dick."

Zwischen dem Konsum zuckergesüßter Erfrischungsgetränke und
Übergewicht "besteht keine Kausalität", sagt die
Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke (wafg). Das ist falsch:
Es herrscht ein breiter wissenschaftlicher Konsens darüber, dass ein
erhöhter Konsum zuckergesüßter Getränke die Entstehung von
Übergewicht fördert - sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern.
Zahlreiche medizinische Fachgesellschaften teilen diese Auffassung,
darunter die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die British Medical
Association und die internationale Adipositas Gesellschaft "World
Obesity".

Mythos 3: "Der Zuckerverbrauch ist konstant."

Die Lebensmittellobby behauptet, dass die Absatzzahlen für Zucker
seit Jahrzehnten konstant seien. Deshalb könne Zucker gar keine
wesentliche Ursache für den Anstieg von Übergewicht sein. Doch das
ist nicht richtig: Zwar ist der Pro-Kopf-Verbrauch von
Haushaltszucker (Saccharose) seit etwa 1985 konstant bei 30 bis 35 kg
im Jahr. Doch diese Statistik lässt andere Zuckerarten außen vor,
darunter Glukose, deren Verbrauch sich in den vergangenen fünf
Jahrzehnten mehr als versechsfacht hat. Insgesamt ist der
Pro-Kopf-Verbrauch der Zuckerarten Saccharose, Isoglukose, Glukose
und Honig im Zeitraum von 1960 bis 2012 um mehr als 30 Prozent
gestiegen.

Mythos 4: "Ernährungsbildung ist das beste Mittel gegen
Ãœbergewicht."

Ernährungsbildung "schon im Kindesalter" sei "das beste
Gegenmittel" gegen Fehlernährung und die gesundheitlichen Folgen, so
der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Ähnlich äußerte
sich auch Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Spitzenverbands
der Lebensmittelwirtschaft (BLL). Fakt ist: Nach Auswertung
zahlreicher Studien kommt Professor Manfred James Müller, einer der
Vorstandssprecher des staatlich geförderten Kompetenznetzes
Adipositas, zu dem Schluss, dass mit Ernährungsbildung die Häufigkeit
von Ãœbergewicht bei Kindern lediglich um ein Prozent gesenkt werden
kann. "Diese Strategie ist gescheitert, die steigende Zahl chronisch
Kranker zeigt dies deutlich", folgert die Deutsche Allianz
Nichtübertragbare Krankheiten (DANK), ein Zusammenschluss aus 17
medizinisch-wissenschaftlichen Fachorganisationen. Sie fordert
stattdessen, eine gesunde Lebensweise zu erleichtern, beispielsweise
durch eine Änderung des Lebensmittelangebots, der Kennzeichnung oder
des Marketings an Kinder.

Mythos 5: "Wir nehmen heute nicht mehr, sondern weniger Kalorien
auf als früher."

"Die Deutschen nehmen heute nachweislich nicht mehr Kalorien auf
als früher", so Günter Tissen, Geschäftsführer der Wirtschaftlichen
Vereinigung Zucker (WVZ). Daten der Ernährungsorganisation der
Vereinten Nationen (FAO) zeigen allerdings: Die Kalorienaufnahme in
Deutschland ist seit den 1960er-Jahren deutlich angestiegen. Zu
diesem Schluss kommen auch die EU-Kommission und die Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Mythos 6: "Lebensmittelsteuern zeigen nicht die gewünschte
Wirkung."

Ist eine Zuckersteuer oder eine Hersteller-Abgabe auf überzuckerte
Getränke ein Mittel gegen Übergewicht? Führende Politiker meinen
"Nein". Die "Erfahrungen in anderen Ländern" zeigten, dass
"Strafsteuern auf zucker-, fett- und salzhaltige Produkte bzw.
Verbote keinen nachhaltigen Erfolg" hätten, so Gitta Connemann,
stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Doch das
Gegenteil stimmt: In Mexiko, Finnland, Berkeley oder auch Frankreich
ging der Zuckergetränke-Konsum nach Einführung einer Limo-Steuer
zurück. In Ungarn änderten 40 Prozent der Hersteller nach Einführung
einer Steuer ihre Rezepturen. Es sei bewiesen, so die WHO, dass eine
20-prozentige Sondersteuer einen etwa 20-prozentigen Rückgang im
Konsum zur Folge hat.

Mythos 7: "Jeder ist selbst für sein Gewicht verantwortlich. Wer
staatliches Handeln fordert, hält die Verbraucher für unmündig"

"Verantwortung für seine Gesundheit hat jeder selbst", sagt
Bundesernährungsminister Christian Schmidt. Was logisch klingt, hat
einen Haken: Wir leben in einer Welt, die dick macht. Es wird uns
erschwert, die gesunde Wahl zu treffen. Die frühere Generaldirektorin
der WHO, Margaret Chan, hat dies in einer Rede im Jahr 2013 auf den
Punkt gebracht: "Kein einziger Staat hat es geschafft, die
Fettleibigkeits-Epidemie in allen Altersgruppen zu stoppen. Hier
mangelt es nicht an individueller Willenskraft. Hier mangelt es am
politischen Willen, sich mit einer großen Industrie anzulegen."

Rund ein Viertel der Erwachsenen in Deutschland - 23 Prozent der
Männer und 24 Prozent der Frauen - ist laut Robert-Koch-Institut
fettleibig (BMI über 30). Adipositas bei Kindern sowie Erwachsenen
hat in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. Das verursacht
nicht bloß individuelles Leiden der Betroffenen, sondern auch
erhebliche gesamtgesellschaftliche Kosten: Allein durch Adipositas
entstehen in Deutschland jährlich etwa 63 Milliarden Euro
Folgekosten. Die WHO und die OECD sprechen von einer "globalen
Adipositas-Epidemie". Ein Zusammenschluss von deutschen
Fachgesellschaften warnt vor einem "Tsunami chronischer Krankheiten",
denn Adipositas erhöhe nachweislich das Risiko für die Entstehung von
zahlreichen chronischen Krankheiten, darunter Herzkrankheiten,
Typ-2-Diabetes sowie diverse Krebsarten.

Link:

- E-Mail-Aktion an Zucker-Lobby: http://zucker.foodwatch.de

Quellen und weiterführende Informationen:

- Sieben Mythen zu Zucker und Ãœbergewicht mit detaillierten
Quellenangaben: www.zucker-mythen.foodwatch.de
- E-Mail des Zuckerverbands an Abgeordnete des
Ernährungsausschusses im Bundestag sowie darauf folgender
Schriftwechsel mit foodwatch: www.tinyurl.com/y8fbrue6
- Zucker Infodienst 02/2017 des Zuckerverbands:
www.tinyurl.com/y8ycoglt



Pressekontakt:
foodwatch e.V.
Dario Sarmadi
E-Mail: presse(at)foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 - 2 90

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Datum: 30.08.2017 - 12:22 Uhr
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