(ots) - 1,8 Prozent, 0,5 Prozent, 9,6 Prozent: Das sind
Zahlen, die gestern für einige Aufregung in der Ökonomenzunft in
Euroland sorgten - und sicher auch bei Notenbankern. Auf 1,8 Prozent
ist die Inflation im Januar überraschend deutlich nach oben
geschnellt - nach dem bereits rasanten Satz von 0,6 Prozent auf 1,1
Prozent im Dezember. Um 0,5 Prozent ist die Wirtschaft Ende 2016
gewachsen - also noch einmal stärker als die 0,4 Prozent zuvor. Auf
9,6 Prozent von 9,7 Prozent schließlich ist die Arbeitslosenquote
gesunken - statt wie erwartet anzusteigen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) aber, zumindest jedoch die
breite Mehrheit im EZB-Rat, hält bislang unbeirrt an der
ultralockeren Geldpolitik fest, wie sie im Dezember zementiert worden
war - mit der Entscheidung, die Anleihenkäufe (Quantitative Easing,
QE) über März 2017 hinaus bis Dezember 2017 zu verlängern. Eine
Geldpolitik, die sogar noch expansiver ist als auf dem Höhepunkt der
Weltfinanzkrise, passt aber schlicht immer weniger in die Zeit.
Natürlich braucht aktuell niemand in ungebremste
Konjunktureuphorie zu verfallen. Das gilt erst recht angesichts der
Vielzahl an Risiken wie der Gefahr eines weltweiten Protektionismus
und politischen Unwägbarkeiten im "Superwahljahr". Es gibt aber eben
auch keinen Grund, das wirtschaftliche Licht unter den Scheffel zu
stellen. Die Euro-Wirtschaft wächst aktuell über ihrem Potenzial -
und für 2016 liegt das Plus mit 1,7 Prozent nun sogar etwas oberhalb
dem der gepriesenen USA (1,6 Prozent).
Genauso wenig besteht natürlich derzeit Anlass für
Inflationshysterie. Der Sprung bei der Teuerung resultiert aus der
Ölpreisentwicklung und der gedämpfte, zugrundeliegende Preisdruck
lässt nicht befürchten, dass die Teuerung stark überschießt; vielmehr
dürfte sie zur Jahresmitte leicht zurückgehen. Der mittlere Trend
aber geht definitiv in die richtige Richtung. Das gilt zumindest
unter der Annahme, dass die EZB nicht klammheimlich ihr
Inflationsziel von knapp 2 Prozent korrigiert hat - und sie nun nicht
doch mehr als die 2 Prozent anvisiert.
Was die Sache sicher nicht einfacher macht, sind die enormen
Divergenzen in Euroland - bei der Inflation wie beim Wachstum. Draghi
hat deutsche Forderungen nach einer Kehrtwende aber stets mit dem
Argument gekontert, die EZB mache Geldpolitik für den ganzen
Euroraum. Das muss dann aber auch gelten, wenn die Signale für den
Durchschnitt der Länder auf Wende springen. Im Übrigen: Es geht nicht
um eine geldpolitische Vollbremsung - sprich: von einem expansiven
auf einen restriktiven Kurs umzuschalten. Die EZB muss aber absehbar
mal den Fuß etwas vom bis zum Anschlag durchgetretenen Gaspedal
nehmen.
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