PresseKat - Der "Chef" am Bau / Deutsche Gerichte zum Verhältnis von Architekten und Bauherren (FOTO)

Der "Chef" am Bau / Deutsche Gerichte zum Verhältnis von Architekten und Bauherren (FOTO)

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(ots) -
Die meisten Menschen, die den Auftrag zum (Aus-)Bau einer
Immobilie erteilen, sind - planerisch und bautechnisch gesehen -
Laien. Sie können nicht einschätzen, welche Konsequenzen bestimmte
Entscheidungen haben und wissen in der Regel auch nicht, wie die
Standards in diesem Gewerbe aussehen. Deswegen sind sie auf die
Beratung durch Architekten, Ingenieure und Bauleiter angewiesen.

Immer wieder kommt es noch während der Arbeiten oder nach der
Abnahme zum Streit unter Auftraggebern und Dienstleistern. Die Kunden
fühlen sich schlecht informiert, manchmal sogar hereingelegt. Dann
müssen Gerichte entscheiden, was der Bauherr eigentlich alles für das
von ihm bezahlte Honorar erwarten durfte. Der Infodienst Recht und
Steuern der LBS hat in seiner Extra-Ausgabe neun solcher Urteile
gesammelt.

Eine nicht zu unterschätzende Rolle im Baugeschehen spielt das
sogenannte Bautagebuch. In ihm sollen alle wesentlichen Einzelheiten
während des Arbeitsverlaufs beweiskräftig festgehalten werden, um
später (zum Beispiel bei Rechtsstreitigkeiten) über eine
entsprechende Dokumentation zu verfügen. Das ist kaum anders als bei
Operationsberichten im Krankenhaus. Führt ein Architekt kein
Bautagebuch, obwohl er nach dem Leistungsbild der Honorarordnung dazu
verpflichtet gewesen wäre, muss er nach einer Entscheidung des
Bundesgerichtshofes (Aktenzeichen VII ZR 65/10) mit Abstrichen
rechnen. Konkret wurden ihm 0,5 Prozent des Gesamthonorars
gestrichen.

Allerdings ist die Dokumentation im Regelfall nun auch wieder
nicht so wichtig, dass ihr Fehlen gleich die ganze Abnahme eines
Bauprojekts durch den Kunden verhindern würde. Wenn das Gericht zu
der Überzeugung kommt, dass das fehlende Tagebuch in der Gesamtschau
des Projekts nur einen unwesentlichen Mangel darstellt, dann muss
sich der Bauherr nach Überzeugung des Oberlandesgerichts




Frankfurt/Main (Aktenzeichen 16 U 135/14) trotzdem der Abnahme
stellen. Alles andere wäre unverhältnismäßig.

Der Schallschutz spielt vor allem bei größeren Bauvorhaben mit
mehr Wohneinheiten eine bedeutende Rolle. Haben Architekt und
Bauträger gemeinsam beschlossen, hier zu sparen (einschalige statt
zweischalige Trennwände zwischen zwei Reihenhäusern), dann kann der
Käufer später auf Schadenersatz klagen. Anschließend stritten die
beiden Beklagten darum, wer denn nun zahlen müsse. Der
Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VII ZR 209/11) entschied, dass der
selbst fachkundige und in die Probleme durchaus eingeweihte Bauträger
zwei Drittel der Summe begleichen müsse und der Architekt ein
Drittel.

Von einem Architekten erwartet der Kunde nicht zuletzt, dass seine
Planungen nicht jedes finanzielle Maß übersteigen. Schließlich
verfügen die meisten Auftraggeber nur über ein bestimmtes Budget, das
sie nicht überschreiten können. Bereits bei der Grundlagenermittlung
sollten beide Vertragspartner den wirtschaftlichen Rahmen abstecken,
an dem sich der Architekt dann auch orientieren muss. Tut er das
nicht, dann entspricht seine Planung nach Überzeugung des
Bundesgerichtshofes (Aktenzeichen VII ZR 230/11) "nicht der
vereinbarten Beschaffenheit". Konkret hätten die Kosten statt 400.000
Euro 750.000 Euro betragen, woraufhin der Auftraggeber gleich auf das
ganze Projekt verzichtete.

Was hilft die schönste Planung, wenn der Bauantrag anschließend
nicht genehmigungsfähig ist? Nichts. Deswegen muss der Architekt
stets im Auge haben, ob das von ihm ausgearbeitete Projekt dauerhaft
genehmigungsfähig sein wird. Ein Bauherr und sein Architekt
prozessierten bis vor den Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VII ZR
8/10) gegeneinander, weil ein bereits errichteter Anbau wieder hatte
abgerissen werden müssen. Die Richter wiesen darauf hin, dass der
Auftraggeber vom Architekten ganz deutlich auf Probleme im
Zusammenhang mit der Genehmigungsfähigkeit hingewiesen werden müsse.

Eine weitere Aufgabe des Architekten (wenn denn vertraglich so
vorgesehen) ist die Bauüberwachung. Gerichte erwarten von ihm, die
beauftragten Unternehmen stichprobenartig zu überprüfen und das
Baugeschehen aktiv zu leiten. Das gehört nach Überzeugung des
Bundesgerichtshofes (Aktenzeichen VII ZR 49/13) zu den elementaren
Pflichten. Das gelte besonders in Bereichen, die bekanntermaßen sehr
mangelanfällig seien. Gerade hier müsse der Architekt doppelt
aufmerksam sein.

Häufig ist aber, trotz seiner Fachkenntnisse, noch nicht einmal
der Architekt der größte Experte am Bau. Er muss seinerseits wieder
Fachplaner und Gutachter heranziehen, um sich Klarheit zu
verschaffen. Trotzdem bleibt er der Gesamtverantwortliche für das
Projekt. In einem Zivilprozess vor dem OLG Naumburg (Aktenzeichen 5 U
132/14) ging es um Risse in Putz und Mauerwerk, die unter anderem
wegen fehlender Dehnungsfugen entstanden waren. Die Richter
entschieden, der Architekt hätte hier prüfen müssen - wenigstens nach
den Fähigkeiten, die man von ihm auf Grund seiner Ausbildung erwarten
dürfe.

Bei komplizierten Bauprojekten, deren Schwierigkeit von
vorneherein jeder einsehen konnte, verweigern sich die Gerichte einem
Generalverdacht gegenüber dem Architekten. So war es auch im
Zusammenhang mit einem Bau an einer Steilküste, der später
einstürzte. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VII ZR 4/12) legte
Wert darauf, dass man genau prüfen müsse, wie weit nicht der
Auftraggeber bereits aus eigener Kenntnis um das Risiko hätte wissen
müssen. Wenn er nämlich gegen die Pflicht verstoße, sich selbst vor
Schaden zu bewahren, dann habe das ein Mitverschulden zur Folge.

Kommt es zu Änderungen in der Planung, dann legt der Architekt das
in der Regel dem Bauherrn zur Unterschrift vor - um deutlich zu
machen, dass dieser auch in allen wichtigen Aspekten darüber
informiert wurde. Gerichte räumen einer solchen Erklärung große
Bedeutung ein, wie ein Prozess vor dem Oberlandesgericht München
(Aktenzeichen 9 U 3704/11) zeigte. Die Juristen entschieden, dass der
Bauherr durch seine Unterschrift zu erkennen gegeben habe, mit den
Planungsänderungen einverstanden zu sein. Deswegen empfiehlt es sich,
solche Vertragsänderungen vorher gründlich zu studieren - nachher ist
es meist zu spät.



Pressekontakt:
Dr. Ivonn Kappel
Referat Presse
Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen
Tel.: 030 20225-5398
Fax : 030 20225-5395
E-Mail: ivonn.kappel(at)dsgv.de


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Datum: 15.02.2016 - 08:30 Uhr
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