PresseKat - Neue Studie zu Kosten und Risiken von Hinkley Point C: Atommüll macht AKW-Projekt teurer als geplan

Neue Studie zu Kosten und Risiken von Hinkley Point C: Atommüll macht AKW-Projekt teurer als geplant

ID: 1316508

(ots) - Das geplante britische Atomkraftwerk Hinkley Point
C könnte um weitere Milliarden Euro teurer werden als bisher geplant.
Das ist das Ergebnis einer neuen Studie der unabhängigen Atomexpertin
Oda Becker im Auftrag des Ökoenergieanbieters Greenpeace Energy. Die
Untersuchung nennt zu niedrig angesetzte Ausgaben für die Entsorgung
von Atommüll sowie den möglicherweise nötigen Bau eines weiteren
Endlagers in Großbritannien als Gründe für die Kostensteigerungen.
Durch zusätzliche AKWs, Zwischenlager und Atommülltransporte steige
zudem die Gefahr eines Nuklear-Unfalls.

Für das AKW Hinkley Point C werden bereits jetzt Baukosten von
mindestens 30 Milliarden Euro veranschlagt. Hinzu kommen
Betriebszuschüsse aus Steuermitteln, die sich nach Berechnungen des
Analyseinstituts Energy Brainpool auf 108 Milliarden Euro summieren
werden. "Selbst diese exorbitanten Subventionen für Hinkley Point C
reichen offenbar nicht aus, um die langfristigen Entsorgungskosten
abzudecken", sagt Sönke Tangermann, Vorstand bei Greenpeace Energy,
"das unterstreicht noch einmal die wirtschaftlichen und ökologischen
Risiken dieses Projektes." Greenpeace Energy klagt gegen das von der
EU-Kommission genehmigte Subventionspaket für Hinkley Point C, weil
die hohen Atomsubventionen den europäischen Energiemarkt zu Lasten
der Erneuerbaren verzerren.

Laut Studie fallen in Hinkley Point C über die gesamte
Betriebszeit von 60 Jahren rund 6.800 abgebrannte Brennelemente mit
einem Gewicht von 3.600 Tonnen Schwermetall (tSM) an. Die Preise für
die Entsorgung von Atommüll aus Hinkley Point C sollen laut einer
Vereinbarung mit dem britischen Staat erst im laufenden AKW-Betrieb
festgelegt und außerdem gedeckelt werden. Für die mit Sicherheit
entstehenden, ihrer Höhe nach aber noch nicht abschätzbaren
Mehrkosten soll der britische Steuerzahler aufkommen. Die




EU-Kommission hat dieses Verfahren im Herbst 2015 genehmigt.

Die höheren Kosten für den Atommüll aus Hinkley Point C ergeben
sich aus zwei wesentlichen Umständen: Rechnet man die anfallenden
Atommüllmengen für Hinkley Point C auf die von Großbritannien
insgesamt geplanten 13 Atomreaktoren hoch, so ergibt sich ein
Gesamtbestand an abgebrannten Brennelementen von 23.000 tSM. "Das ist
deutlich mehr als das Doppelte der Gesamtmenge der jetzt betriebenen
Reaktoren", erklärt die Expertin Oda Becker. Um diese Mengen zu
bewältigen, müsste möglicherweise ein zweites geologisches
Tiefenlager gebaut werden, das aber bisher in den Entsorgungskosten
überhaupt nicht berücksichtigt ist. Bisher hat Großbritannien nicht
einmal einen geeigneten Standort für ein Endlager für den
hochradioaktiven Atommüll der bestehenden Atomkraftwerke gefunden.

Die Kosten für die Endlagerung des Atommülls aus Hinkley Point C
könnte zudem insgesamt zu niedrig angesetzt sein: Während die
britische Regierung annimmt, dass die Entsorgungskosten nur 3,3
Prozent pro Jahr stärker als die Inflationsrate steigen, stiegen die
Kosten bei ähnlichen Großprojekten - wie in Frankreich und Finnland -
um 4,2 bis 4,5 Prozent stärker als die Inflationsrate. Die
Entsorgungskosten dürften die den Investoren zugesicherte
Preisobergrenze daher viel eher durchbrechen als erwartet. Der durch
die Betreiber bezahlte Betrag wird diese Kosten also nicht völlig
decken - eine weitere staatliche Subvention müsste den Fehlbetrag von
ungefähr 1,1 Milliarden Pfund (rund 1,6 Mrd. Euro) aufbringen.

Zudem kommt eine in Großbritannien durchgeführte Simulation zu dem
Ergebnis, dass sich die Endlagerungskosten auf 473.000 Pfund pro
Tonne Uran belaufen. Dies wären 280.000 Pfund (rund 368.000 Euro)
mehr pro Tonne als bisher veranschlagt. Um diese zusätzlichen Kosten
zu decken, wäre eine weitere zusätzliche Subvention in Höhe von 445
Millionen Pfund (rund 585 Mio. Euro) erforderlich. "Eine geschätzte
Gesamtsubvention von rund 1,6 Milliarden Pfund oder 2,1 Mrd. Euro pro
Reaktor wäre also erforderlich - und das nicht nur für die beiden für
Hinkley Point C geplanten Reaktoren", so Studienautorin Oda Becker.
Da es weltweit noch kein einziges Endlager für hochradioaktiven Müll
gibt, sind die Kosten zudem nicht durch Erfahrungswerte belegbar, was
weitere Kostenrisiken mit sich bringt.

Unabhängig von der Kostenfrage besteht die Gefahr, dass sich die
Endlagersuche durch die geplanten Neubauprojekte weiter verzögert.
Damit würden die abgebrannten Brennelemente in den oberirdischen
Zwischenlagern verbleiben. Für einen sehr langen Zeitraum würde dann
ein erhebliches Risiko von den Zwischenlagerstandorten ausgehen,
warnt die Expertin.

Weitere, bisher nicht ausreichend berücksichtigte Kosten und
Risiken entstehen laut Studie unter anderem durch die
Zwischenlagerung der abgebrannten Brennelemente und durch die
erforderlichen Atommülltransporte. Würde ein ähnlicher Behältertyp
eingesetzt wie der derzeit in Deutschland häufig verwendete Castor
V/19, so wären für den Atommüll aus den in Großbritannien geplanten
AKWs rund 2.300 Transportbehälter erforderlich und zum Beispiel etwa
100 Transporte per Bahn.

Vor einem ähnlichen Kostenrisiko wie Hinkley Point C stehen laut
Oda Becker auch Reaktorprojekte in weiteren EU-Mitgliedstaaten, die
sich möglicherweise am britischen Subventionsmodell orientieren.
Würden die geplanten AKWs in Bulgarien, Polen, Rumänien, der
Slowakei, Slowenien, der Tschechischen Republik und Ungarn wie
geplant realisiert, dann würden dort zusätzlich abgebrannte
Brennelemente mit einer Gesamtmenge von rund 34.000 Tonnen
Schwermetall anfallen. In diesen Ländern sind bisher ebenfalls nur
vorläufige oder unkonkrete Pläne für den langfristigen Umgang mit
abgebrannten Brennelementen vorhanden.

Über die Autorin: Oda Becker ist Diplom-Physikerin und arbeitet
seit rund 20 Jahren als unabhängige Wissenschaftlerin im Bereich
Sicherheit und Risiko von Atomanlagen. Sie erstellte zahlreiche
Studien zu Atomkraftwerken und Zwischenlagern, unter anderem zur
Bewertung der Auswirkungen von möglichen Terrorangriffen, sowie
Fachstellungnahmen zu geplanten Atomkraftwerken im europäischen
Ausland. Zu ihren Auftraggebern gehören neben der österreichischen
Regierung auch Stadtverwaltungen, Bürgerinitiativen und
Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace.

Redaktioneller Hinweis: Die Studie von Oda Becker finden Sie im
Volltext und kompakt aufbereitet im neuen "Schwarzbuch Hinkley Point
C" zum Download unter www.greenpeace-energy.de/presse.html.



Pressekontakt:
Christoph Rasch
Politik und Kommunikation
Greenpeace Energy eG
Telefon 040 / 808 110 - 658
christoph.rasch(at)greenpeace-energy.de
www.greenpeace-energy.de


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