(ots) -
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Beauftragter der Bundesregierung fordert unabhängigen Ermittler vor
Ort.
Im Fall des Missbrauchstäters Pfarrer Peter R. hat sich nach WDR
Recherchen ein weiteres mutmaßliches Opfer gemeldet. Es handelt sich
um die Mutter einer heute 20jährigen jungen Frau aus Hildesheim, die
in der WDR/ARD Dokumentation "Richter Gottes" vom 30.11.2015 bereits
selbst ihren Missbrauch durch den pensionierten Pfarrer Peter R.
öffentlich gemacht hatte.
Der Fall hatte für Schlagzeilen gesorgt, da das Bistum Hildesheim im
Fall des jungen Mädchens 2010 keinen Hinweis auf einen Missbrauch
gesehen hatte. Das Bistum hatte weder die Erziehungsberechtigten noch
die staatlichen Behörden umgehend informiert, obwohl es sich bei dem
beschuldigten Pfarrer um einen der beiden Haupttäter des
Missbrauchsskandals am Berliner Canisius-Kolleg - mit mutmaßlich über
100 Opfern - handelte. Erst auf Druck der Erziehungs-berechtigten
informierte das Bistum die zuständige Staatsanwaltschaft, allerdings
ohne über die bekannte Vorgeschichte des Täters zu informieren. Der
Pfarrer wurde wie ein Ersttäter behandelt, das Verfahren gegen
Zahlung einer Geldauflage wegen mangelnden öffentlichen Interesses
eingestellt. Ehemalige Canisius-Schüler, sowie die Opfergruppe
"Eckiger Tisch" forderten daraufhin im Dezember 2015 den Rücktritt
des Hildesheimer Bischofs Norbert Trelle. Nach anhaltender Kritik am
Vorgehen des Bistums räumte Bischof Norbert Trelle in dem Fall
nachträglich Fehler ein.
In dem am kommenden Mittwoch, 27.1.2016, in der WDR Reihe "die story"
ausgestrahlten zweiten Teil der Dokumentation, schildert nun die
heute 39jährige Mutter des jungen Mädchens, dass auch sie ab 1993 von
Pfarrer R. sexuell belästigt worden sei. "Ich musste mich auf seinen
Schoß setzten, und seine Hand wanderte auch unter den Pullover und
berührte die Brüste und fasste mir in den Schritt, und er versuchte
auch, mit dem Gesicht näher zu kommen", schildert sie ihre
Begegnungen mit dem inzwischen pensionierten Pfarrer. Dieser wurde -
trotz über 100 dokumentierter Fälle zwischen den siebziger Jahren und
2006 bis heute - strafrechtlich nie belangt.
Das Bistum Hildesheim sei seit September 2015 auch über ihren Fall
informiert, sagt die 39jährige, die ihren Namen nicht veröffentlichen
möchte, dem WDR. Man habe aber bislang keinen Kontakt zu ihr
aufgenommen.
Der Unabhängige Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung nimmt nun
Stellung zu den Ereignissen: "Ich habe den Eindruck, dass da immer
noch eine Tendenz ist, die Institution schützen zu wollen, indem man
Informationen zurückhält und Tatsachen nicht nach außen trägt, also
Transparenz verhindert", sagt Johannes-Wilhelm Rörig zum Hildesheimer
Fall.
"Ich fordere das Bistum Hildesheim auf, dass sie jetzt einen
unabhängigen Ermittler einsetzen, der schaut, ob da weitere
Straftaten im Raum stehen."
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