(ots) - Ausgediente Dämmplatten aus Polystyrol müssen nach
Informationen der NDR Doku-Reihe "45 Min" künftig als Sondermüll
behandelt werden. Die Beseitigung einer Wärmedämmung mit dem am
häufigsten verwendeten Dämmstoff in Deutschland dürfte sich für
Hausbesitzer massiv verteuern, da die bisher üblichen Entsorgungswege
nicht mehr zulässig sind. Zudem muss die Entsorgung lückenlos
dokumentiert werden. Darüber berichtet "45 Min" am Montag, 16.
November, ab 22.00 Uhr in der Dokumentation "Die Wärmedämmerung" im
NDR Fernsehen.
Der parlamentarische Staatsekretär im Bundesministerium für
Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), Florian
Pronold, bestätigte dem NDR, dass derzeit die
Abfallverzeichnisverordnung novelliert werde. Im Frühjahr 2016 solle
die neue Regelung in Kraft treten. Dann gelten beim Abriss einer
Wärmedämmung aus Polystyrol neue Regeln: Galt diese bisher als
Kunststoffabfall oder gemischter Bauabfall, so stuft sie der
Gesetzgeber künftig als gefährlichen Abfall ein, also Sondermüll.
Noch werden die Platten häufig kostengünstig geschreddert, mit
anderen Abfällen zu einem Ersatzbrennstoff vermischt und anschließend
in Industriekraftwerken verbrannt. Künftig müssen die
Polystyrol-Abfälle in deutlich teurere Sondermüllverbrennungsanlagen
gebracht werden.
Angesichts der bereits verklebten riesigen Mengen befürchten
Bauexperten logistische Probleme, wenn in der Zukunft das Gros der
Dämmsysteme zur Entsorgung ansteht. Bundesweit kleben etwa 800
Millionen Quadratmeter der Hartschaumplatten auf Fassaden - eine
Fläche größer als das Stadtgebiet von Hamburg.
Polystyrol, besser bekannt als Styropor, ist das billigste und
deshalb meist verwendete Dämmmaterial. Der Kunststoff wird unter
hohem Energieeinsatz aus Erdöl hergestellt und ist brennbar. Die
Dämmplatten enthalten daher oft das Flammschutzmittel
Hexabromcyclododecan (HBCD).
Der Flammhemmer soll im Brandfall verhindern, dass sich ein Feuer
an der Fassade schnell ausbreitet. Doch HBCD gilt laut Europäischer
Chemikalienagentur als "besonders besorgniserregend": Es reichert
sich in der Natur und in Organismen an und steht im Verdacht, die
Fortpflanzung zu schädigen. Im Brandfall stehen HBCD-belasteten
Dämmplatten zudem unter Verdacht, die Entstehung von hochgiftigen
Dioxinen und Furanen zu ermöglich.
Wie weitere Recherchen von "45 Min" ergaben, beabsichtigt das
Bundesumweltministerium zudem, den Einsatz von giftigen Bioziden in
Putzen und Farben umfangreicher zu dokumentieren. Bisher gibt es kaum
belastbare Daten. Biozide werden bei der Wärmedämmung für den
Fassadenputz und Anstrich verwendet, um das unerwünschte Algen- oder
Schimmelpilzwachstum zu unterbinden. Ihre Wirkung ist jedoch nicht
von Dauer, da die Giftstoffe mit dem Regen ausgewaschen werden und in
Böden und Gewässer gelangen.
Bisher gibt es in Deutschland jedoch weder Daten über die Mengen
der eingesetzten Giftstoffe noch ein gezieltes Programm zur
Ermittlung der Gewässerbelastung. Beides wolle der parlamentarische
Staatssekretär im BMUB Florian Pronold (SPD) nun unverzüglich auf den
Weg bringen, sagte er im Gespräch mit "45 Min".
Mehr zur Sendung finden Sie unter www.NDR.de/45min. Dort ist der
Film ab sofort auch schon vorab zu sehen.
"45 Min": Montag, 16. November, 22.00 Uhr, NDR Fernsehen
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