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Aachener Nachrichten: Macht und Rache - Schäubles Angriff auf die EU-Kommission; Ein Kommentar von Joachim Zinsen

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(ots) - Der Vorschlag kommt klein und unschuldig daher.
Wolfgang Schäuble will der EU-Kommission einige ihrer bisherigen
Kernkompetenzen abnehmen und sie auf unabhängige Institutionen
übertragen. Das klingt zunächst einmal gut. Doch dem deutschen
Finanzminister geht es nicht um eine größere Gewaltentrennung auf
EU-Ebene. Schon gar nicht geht es ihm um die dringend notwendige
Demokratisierung europäischer Entscheidungsprozesse. Nein, Schäuble
führt etwas völlig anderes im Schilde. Er greift nach noch mehr Macht
und er will ... Rache nehmen. Schäubles Vorstoß ist zunächst einmal
ein ganz persönlicher Angriff auf zwei seiner konservativen
"Parteifreunde", nämlich auf EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker
und dessen Kabinettschef Martin Selmayr. Beide sind dem deutschen
Finanzminister ein Dorn im Auge, nicht zuletzt, weil sich das Duo in
den Verhandlungen mit Griechenland der brutalen Linie Schäubles
verweigert hat. Während der deutsche Finanzminister von Beginn an auf
eine Kapitulation der Regierung Tsipras setzte, wollte Juncker lange
Zeit einen Kompromiss mit Athen erreichen. Deshalb soll der
Ungehorsame jetzt abgestraft werden. Und er soll mittelfristig
geschwächt, ja entmachtet werden. Denn anders als sein Vorgänger, der
Portugiese José Manuel Barroso, ist Juncker generell nicht bereit,
immer nur den artigen Pudel an der Leine der deutschen Regierung zu
geben. Er versteht sich nicht als Vorstand einer reinen
Verwaltungsbehörde, sondern als Chef einer politischen Kommission,
legt Wert auf eine gesamteuropäische Perspektive, sieht sich den
Interessen aller EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet. Damit widersetzt
er sich dem Machtanspruch der nationalen Regierungen, vor allem aber
dem inzwischen immer offeneren Dominanzwillen Berlins. Schäuble
hingegen will seine Vorstellungen von einem deutschen, neoliberalen,




marktkonformen Europa durchsetzen. Deshalb versucht er, der
EU-Kommission Fesseln anzulegen und damit der Eurogruppe, in der er
die entscheidende Figur ist, automatisch mehr Macht zuzuschieben. Wie
ein Bulldozer rollt er seit Monaten durch die EU, tritt herrisch und
rücksichtslos auf. In unseren Nachbarländern werden ihm auch von
vielen seriösen Beobachtern bereits Allmachtsfantasien nachgesagt.
Schäubles Angriff auf die EU-Kommission ist weiteres Wasser auf die
Mühlen seiner Kritiker. Mit seinem Auftreten und seinen Zielen hat
sich Schäuble von fünf Jahrzehnten deutscher Europapolitik
verabschiedet. Diese war immer von dem Gedanken geprägt, das mächtige
Deutschland müsse sich ein Stück weit zurücknehmen, sich in ein
geeinigtes Europa einfügen. Das galt vor allem nach der
Wiedervereinigung. Schäuble aber führt sich auf wie der Herold eines
germanischen Führungsanspruchs, demoliert damit Vertrauen bei unseren
Nachbarn, holt alte Ängste wieder hoch. Und die Bundeskanzlerin? Sie
schaut dem Treiben ihres selbst ernannten Nebenkanzlers einfach zu,
schlägt sich in die Büsche. Führungsstärke sieht anders aus.



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Datum: 30.07.2015 - 18:10 Uhr
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