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Rheinische Post: Kommentar: Wir alle sind Sepp Blatter

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(ots) - Ein bisschen Sepp Blatter steckt in jedem von
uns. Uns Fußballfans. Der Nationalsport ist uns schließlich heilig.
Dass die Politik dem ausrichtenden Verband weitgehend Steuerfreiheit
garantiert hat, damit die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland
stattfinden konnte, würden wir nie kritisieren. Dass Bremen die
Kosten für prügelnde Fußball-Fans auf die Vereine abwälzen will,
finden wir unsolidarisch. Wenn öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten
Millionen für die Übertragung von Spielen ausgeben, ist das gut
verhandelt. Fußball gehört zur Grundversorgung. Und wenn die Stadt
Spielplätze und Schwimmbäder schließt, aber ihrem örtlichen
Bundesligaverein einen zinslosen Millionenkredit für das neue Stadion
gibt, ist das Lokalpatriotismus. Sodann verzeihen wir es Franz
Beckenbauer, dass er über seine Rolle bei der Vergabe der
Weltmeisterschaften nach Russland und Katar gar nicht erst reden
will. Er ist doch eine Lichtgestalt! War da was mit einem
Beratervertrag für Gazprom und Luxusreisen nach Katar? Der
Fifa-Skandal ist die Konsequenz aus der frenetischen Fußball-Narretei
rund um den Globus. Gerade auch bei uns. Der Liebe zum Spiel folgten
die Märkte und Milliarden. Dann war der Weg nicht weit zu Macht und
Machtmissbrauch. Viel zu lange haben wir zugeschaut. Wer ist bereit,
gegen die unwürdigen Arbeitsverhältnisse der WM-Bauarbeiter in Katar
oder den 30-Milliarden-Euro-Gigantismus des Turniers in Russland auf
die Straße zu gehen? Warum ruft die Kanzlerin nicht zum Boykott der
WM 2018 auf, wenn sie Wladimir Putin wegen der Krim-Invasion
sanktionieren will? Weil man mit Fußball nicht spielt. Beim Fußball
verschieben sich die Maßstäbe. Deshalb ist die Schelte, die Sepp
Blatter hierzulande kassiert, zu einem Gutteil auch wohlfeil. Das
ändert natürlich nichts daran, dass die Fifa selbst reformiert werden




muss. Und zwar von unten. Der Weltverband braucht transparente, klare
Regeln, wie die Milliarden der Sponsoren und TV-Sender ausgegeben
werden. Er braucht ein externes Kontrollgremium und einen scharfen
Sanktionskatalog bei jeglicher Art von Missbrauch. Die Fifa braucht
strikte Vergaberichtlinien. Nicht Geldgeschenke und
Luxus-Einladungen, sondern Konzepte für sympathische, nachhaltige
Fußball-Feste müssen bei der Wahl des Austragungsorts entscheiden.
Und die Fifa braucht Spitzenfunktionäre, die das Spiel noch mehr
lieben als Macht, Geld oder Selbstdarstellung. Ein paar Frauen in den
Gremien wären schon hilfreich. Das aktuelle Exekutivkomitee kann
nicht bleiben. Wer den Sumpf trocken legen will, muss alle Frösche
entfernen. Bericht Der ewige Blatter, Titelseite



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Datum: 29.05.2015 - 21:26 Uhr
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