(ots) - Friedrich Liechtenstein: Vom Honorar der
"Supergeil"-Reklame kann ich mir einen Aschenbecher kaufen
25 Jahre nach dem Mauerfall hat der Künstler für sich den
Kommunismus verwirklicht - Bekenntnis zum Sandmännchen
Osnabrück.- Mehr als zwölf Millionen Mal wurde der
"Supergeil"-Spot von Friedrich Liechtenstein bei Youtube angeklickt.
Superreich hat sie den Künstler aber nicht gemacht: "Von der
Edeka-Werbung kann ich mir einen Aschenbecher kaufen, mehr nicht",
sagte Liechtenstein in einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker
Zeitung" (Samstagausgabe). Auf Nachfrage präzisierte der
Performance-Künstler allerdings: "Sagen wir mal: einen goldenen
Aschenbecher." Ein bisschen Einkommen hat der Konsumverweigerer
inzwischen auch nötig. Im Interview verriet Liechtenstein, dass er
neuerdings wieder Miete zahlt: "Nach anderthalb Jahren bin ich froh,
dass ich eine Wohnung habe, in der ich die Tür zumachen kann - auch
wenn ich weiter ohne Besitz lebe. Ich wohne möbliert." Zuvor hatte
Liechtenstein als "Schmuckeremit" kostenlos in den Räumen eines
Brillenherstellers in Berlin gewohnt - zunächst in den Büros, dann im
sogenannten Black-Maze-Building in Berlin-Mitte. 25 Jahre nach dem
Mauerfall amüsierte Liechtenstein sich darüber, mit seinem
Lebensmodell ein Ideal des Kommunismus verwirklicht zu haben: "die
Gesellschaft ohne Geld" - wenn auch in einer Weise, die
DDR-Kulturfunktionäre "auch wieder nicht verstanden hätten". Für sich
selbst bilanzierte der Künstler: "Es war mir eine große Genugtuung,
dass man so auch leben kann - von Tausch, Sympathie und Familie. Die
Möglichkeit, sich als Narr allen Pflichten und Erwartungen zu
entziehen, hat man wahrscheinlich in jedem System. Nur wenn alle es
so machen, funktioniert es nicht. Und das hatte der Kommunismus ja
gerade versprochen." Damit grenzte Friedrich Liechtenstein sich von
jeder Ostalgie ab: "Ich hatte eine sehr schöne Kindheit, aber
trotzdem war ich nie ein Ostalgiker, für den 'nicht alles schlecht'
war. Es war sehr viel sehr schlecht. Mir macht es nicht so viel Spaß,
über diese Vergangenheit zu reden. Die DDR war grau und trist." Das
DDR-Sandmännchen nimmt der gelernte Puppenspieler allerdings aus
dieser Kritik aus. Liechtenstein: "Der Osten hatte sich auf Dinge
spezialisiert, die auf dem freien Markt keine Chance hatten, Kinder-
und Puppentheater genauso wie bestimmte Sportarten. Für mich war es
sehr schön, dass Kindergeschichten mit ihrer metaphorischen Welt
große Freiräume schaffen. In einem Land, in dem man nicht offen reden
darf, ist das großartig. Puppenspieler hatten außerdem ein hohes
Sozialprestige. Im Osten habe ich den Leuten immer als Erstes gesagt,
dass ich Puppenspieler bin. Nach dem Mauerfall hat das keinen
Eindruck mehr gemacht."
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