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Aachener Zeitung: Kommentar: Was Putin anbietet / Es ist einschüchternd aber nicht attraktiv / Peter Pappert

ID: 1101650

(ots) - Es wird Zeit für Realismus. Der Westen weiß zwar
nicht, wie er auf Russlands Aggressionen reagieren soll, aber
wenigstens so redlich sollte man doch sein, nichts mehr zu
beschönigen. Wladimir Putin hegt alte, neue Großmachtambitionen und
verlegt sich auf Neo-Imperialismus. Die Töne aus Moskau werden immer
dreister, die russischen Interventionen in der Ukraine immer
offensichtlicher - mit Mann, Material und Waffen. Wie skrupellos die
russische Führung vorgeht, hat sich erwiesen, als sie allen Ernstes
behauptete, ihre auf ukrainischem Territorium gestellten
Elitesoldaten hätten sich nur verlaufen. Staunend registriert man,
wie unverfroren sich die russische Staatsführung in aller
Öffentlichkeit äußert. Sie respektiert weder die Demokratie noch
Freiheits- und Völkerrecht. Auf diesen "westlichen Firlefanz" braucht
sie keine Rücksicht zu nehmen und schlägt deshalb ungeniert zu, wo es
ihr passt. Im akuten militärischen Konfliktfall haben es Despotien
immer einfacher als Demokratien. Putin weiß, dass der Westen ihm
militärisch nicht in den Arm fallen wird. Er gibt Poroschenko die
Hand, zeigt sich mit mildem Gesicht, führt unentwegt das Wort Frieden
im Mund und die Staatengemeinschaft vor. Niemand hat mehr Macht, die
Kämpfe in der Ostukraine zu beenden, als er, aber der Kremlherrscher
tut so, als habe er damit nichts zu tun. Das ist angesichts der
vielen unschuldigen Toten blanker Zynismus. Von Präsident Poroschenko
und auf Kiews Straßen sind markige Parolen gegen Russland zu hören.
Aber die ukrainischen Truppen haben gegen die Separatisten, die von
Moskau mit allem versorgt werden, was sie brauchen, keine Chance. Die
Grenze ist für die russische Armee irrelevant; sie bewegt sich dort,
wie es ihr gefällt. Wer sollte sie auch aufhalten? Poroschenko ist so
ohnmächtig wie der Westen. Der muss wenigstens den politischen und




ökonomischen Preis für Putins Russland so hoch treiben, dass es
tatsächlich schmerzt. Für die westliche Werte-Gemeinschaft wird es
ernst. In den drei baltischen Staaten ist die politische Lage seit
Beginn der Ukraine-Krise äußerst gespannt. Etliche Konflikte und
Kontroversen dieser Länder mit Moskau sind nach wie vor nicht
ausgestanden. Vor allem in Lettland und Estland gibt es große
russische Minderheiten, und solche zu schützen, ist Putins wohlfeiles
Argument, um Grenzen zu überschreiten. In diesem Fall würde es
Nato-Länder treffen - ein zu hohes Risiko. Selbst Putin-Verteidiger
müssten jetzt einsehen, wie existenziell wichtig die
Nato-Mitgliedschaft für Riga, Tallinn und Vilnius war und erst recht
ist. Gerade hierzulande wird häufig unterschätzt oder gar ignoriert,
dass die Menschen im Baltikum, in Tschechien oder Polen nichts mehr
davon hören wollen, man müsse Russland eine gewisse strategische
Einflusssphäre zugestehen. Wer das fordert, lebt meist so weit im
Westen, dass er nicht betroffen ist. Warum wenden sich denn all diese
Länder zur EU und zur Nato? Weil die westlichen Wertegemeinschaften
das miesere Angebot machen? Putin könnte doch ein attraktiveres
Bündnis anbieten - auch und gerade jetzt der Ukraine. Er könnte
ehemaligen Satellitenstaaten der Sowjetunion eine Allianz offerieren,
die so attraktiv ist, dass diese Länder vom "dekadenten Westen"
nichts mehr wissen wollen. Er tut es nicht. Den nichtmilitärischen
Wettbewerb scheut Putin. Es geht nicht um antirussische
Ressentiments, sondern um konkrete Ängste. Es sind schließlich nicht
nur die baltischen Staaten und Polen, die sich Sorgen machen. Gerade
jetzt nähern sich Schweden und Finnland der Nato an und wollen
Abkommen mit der Allianz unterzeichnen; sie werden wissen, warum sie
das tun.



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Datum: 29.08.2014 - 18:17 Uhr
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