PresseKat - WAZ: Was uns der Erste Weltkrieg lehrt. Kommentar von Dietmar Seher

WAZ: Was uns der Erste Weltkrieg lehrt. Kommentar von Dietmar Seher

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(ots) - Welcher Zufall, dass John F. Kennedy im Herbst
seines zweiten Amtsjahrs "August 1914" von Barbara Tuchman las. Und
welches Glück für die Welt. Der US-Präsident erfuhr auf 600
Buchseiten, wie leichtfertig sich politische Führungen von Militärs
in ihre äußerste Option treiben lassen - und dann Millionen in den
Tod schicken. Kennedy verinnerlichte die unmittelbare Vorgeschichte
des Ersten Weltkriegs. Er ersetzte, als der Globus am Abgrund stand,
den Startbefehl für die Atombomber durch das Gespräch mit dem Kreml.
Weil Chruschtschow auch klar im Kopf war, durfte die Menschheit die
Kuba-Krise überleben. Es war Sonntag, der 28. Oktober 1962.
Geschichte wiederholt sich nicht. Aber sie zeigt, wie Kinder und
Enkel aus Fehlern lernen können. Ein älterer Duisburger Leser fragte
gestern: "Mein Großvater ist damals verschüttet worden. Warum bringen
Sie immer wieder diese entsetzlichen Bilder von 1914?" Genau auch
deshalb: Solche Bilder sind Lehrstücke. Es reicht nicht, nach 100
Jahren über die Schuld an der "Urkatastrophe" zu streiten. Ja.
Deutschland hat den Gegnern den Krieg erklärt. Wilhelm wollte
angesichts des Konflikts auf dem Balkan seine Macht überdehnen. Wahr
ist aber auch: In Petersburg, Paris und London zogen sie ähnlich
leichtfertig ins Feld. Jeden Tag, sagt die kalte Statistik,
verloschen dann 6000 Leben. Der erste totale Krieg des 20.
Jahrhunderts war - anders als der zweite, hinter dem ein böser Wille
stand - vermeidbar. Nicht nur Kennedy realisierte das. Die Menschen
haben sich seither neue Friedens-Instrumente beschafft: Die UNO wirkt
mit moralischem Druck als Bremse, wenn Politik aus dem Ruder läuft.
Europa funktioniert, weil "Nie wieder Verdun" Konsens ist. Die
globale Wirtschaft lässt den "großen Waffengang" seltener werden,
weil die gegenseitige Abhängigkeit noch größer ist. Man agiert




international, ist verflochten, redet miteinander. Kriege gibt es
nach wie vor. Ukraine, Südsudan, Nahost. Es sind ethnische,
religiöse, regionale Konflikte. Sie bleiben begrenzt. Solche Feuer
sind zum Leidwesen der Betroffenen wohl nie völlig auszutreten. Für
den Weltbrand aber hat der Globus heute das Löschzeug.



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Datum: 31.07.2014 - 19:05 Uhr
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