PresseKat - Arbeitsschutzrechtliche Verantwortung beim Tod eines Auszubildenden

Arbeitsschutzrechtliche Verantwortung beim Tod eines Auszubildenden

ID: 1040375

(PresseBox) - Allzu oft wird der Arbeitsschutz auf die leichte Schulter genommen. Ein trauriges berĂŒhmtes Beispiel ist die Arbeitszeit: Wenn es um die höchstzulĂ€ssige Arbeitszeit geht, wird höchstens milde gelĂ€chelt und darauf verwiesen, dass Überstunden in der Veranstaltungsbranche eben normal seien. ?Normal? mĂŒssen die Verantwortlichen auch damit rechnen, dass sie zur Verantwortung gezogen werden, wie ein Urteil des Landgerichts OsnabrĂŒck zeigt.
Eine Veranstaltung ist nicht nur immer hipp und lustig, sondern mit ihr geht eine hohe Verantwortung einher. Dieser Verantwortung kann man ? vor allem wĂ€hrend der Veranstaltung selbst ? nicht gerecht werden, wenn man ĂŒbermĂŒdet ist.
VerstĂ¶ĂŸe gegen das Arbeitsschutzrecht sind regelmĂ€ĂŸig zumindest eine Ordnungswidrigkeit, bei HartnĂ€ckigkeit auch eine Straftat.
In diesem Zusammenhang wollen wir auf ein Urteil des Landgerichts OsnabrĂŒck aufmerksam machen, das darĂŒber befinden musste, wer fĂŒr den Tod eines Auszubildenden verantwortlich war.
Im Juli 2010 starb in einem Unternehmen ein 19-jĂ€hriger Auszubildender, der an einer Maschine arbeitete. Zuvor wurde an dieser Maschine eine Lichtschranke ausgebaut, die als Sicherheitsmaßnahme diente. Durch das Fehlen dieser Lichtschranke kam es zu dem tödlichen Unfall. Letztlich wurden die Angeklagten wegen fahrlĂ€ssiger Tötung zur Haftstrafen und hohen Geldstrafen verurteilt: Sie wollten den Tod nicht und haben ihn auch nicht billigend in Kauf genommen (das wĂ€re dann Vorsatz gewesen), es war aber vorhersehbar, dass es zu einem Unfall kommen könnte.
Im Fokus des Strafverfahrens standen u.a. drei GeschĂ€ftsfĂŒhrer, ein Produktionsleiter und ein Abteilungsleiter. Jeder Beteiligter hatte etwas anderes getan, und interessant ist dabei die BegrĂŒndung der Verantwortlichkeit. Daher wollen wir uns die einzelnen Beteiligten einmal genauer anschauen:
?Der GeschĂ€ftsfĂŒhrer, der die Entscheidung getroffen hat,
?ein zweiter GeschĂ€ftsfĂŒhrer, der den Ausbildungsvertrag unterschrieben hat,




?ein dritter GeschĂ€ftsfĂŒhrer, der intern nicht zustĂ€ndig war, aber ĂŒber das Problem informiert wurde,
?der Produktionsleiter, der den Einteilungsplan geschrieben hat, sowie
?der Abteilungsleiter, der die Sicherheitsmaßnahme außer Kraft gesetzt hat.
Die Entscheidung des Gerichts kann man exakt auf die typischen Konstellationen bei einer Veranstaltung ĂŒbertragen: Auch hier gibt es GeschĂ€ftsfĂŒhrer, Produktionsleiter bzw. Abteilungsleiter und andere Vorgesetzte. Das Urteil zeigt auch deutlich, dass auch Angestellte, die nicht GeschĂ€ftsfĂŒhrer sind, verantwortlich gemacht werden können.
1.) Der GeschĂ€ftsfĂŒhrer, der die Entscheidung getroffen hat
Einer der drei GeschĂ€ftsfĂŒhrer hatte entschieden, die Lichtschranke auszubauen und eine entsprechende Weisung an den angestellten Abteilungsleiter erteilt, der letztlich die Lichtschranke auch ausgebaut hatte.
Da der Ausbau der Lichtschranke ohne die Entscheidung des GeschĂ€ftsfĂŒhrers nicht erfolgt wĂ€re, war der GeschĂ€ftsfĂŒhrer auch verantwortlich fĂŒr den Tod des Auszubildenden.
2.) Der GeschĂ€ftsfĂŒhrer, der den Ausbildungsvertrag unterschrieben hat
Auch der zweite GeschĂ€ftsfĂŒhrer ist mitverantwortlich: Er hatte dem Plan des ersten GeschĂ€ftsfĂŒhrers nicht nur zugestimmt, sondern er hatte auch den Ausbildungsvertrag unterzeichnet. Er war fĂŒr das Wohl des Ausbildenden verantwortlich, hatte sich aber nach Ansicht des Gerichts nicht ausreichend darum gekĂŒmmert. Er hĂ€tte verhindern können und mĂŒssen, dass ?sein? Auszubildender an der manipulierten Maschine eingesetzt wird.
3.) Der GeschĂ€ftsfĂŒhrer, der andere Aufgaben hatte aber ĂŒber das Problem informiert wurde
In dem Unternehmen gab es noch einen dritten GeschĂ€ftsfĂŒhrer, der ausschließlich fĂŒr das Marketing zustĂ€ndig war, also mit dem Maschinenpark nichts zu tun hatte.
Eine PflichtenĂŒbertragung ist unter gleichrangigen GeschĂ€ftsfĂŒhrern möglich und kann gesetzlich bestehende Verantwortlichkeiten verteilen. GrundsĂ€tzlich ist kraft Gesetz jeder GeschĂ€ftsfĂŒhrer fĂŒr alles zustĂ€ndig, also auch fĂŒr den Arbeitsschutz.
Allerdings kann unter gleichrangigen GeschĂ€ftsfĂŒhrern auch eine Aufgabe auf einen GeschĂ€ftsfĂŒhrer ĂŒbertragen werden, bspw. eben der Arbeitsschutz (das nennt man dann eine so genannte horizontale PflichtenĂŒbertragung). Die Verantwortlichkeit des anderen GeschĂ€ftsfĂŒhrers, der nun kraft PflichtenĂŒbertragung nicht mehr fĂŒr den Arbeitsschutz unmittelbar zustĂ€ndig ist, fĂ€llt aber nicht komplett weg: Der verbleibende GeschĂ€ftsfĂŒhrer hat zumindest noch eine Aufsichtspflicht, ob der beauftragte GeschĂ€ftsfĂŒhrer seinen Aufgaben nachkommt.
In diesem Fall war die Besonderheit, dass der Marketing-GeschĂ€ftsfĂŒhrer von der Manipulation der Maschine durch einen Mitarbeiter informiert wurde: Er wusste also, dass es einen erheblichen arbeitsschutzrechtlichen Mangel gibt.
Damit aber hĂ€tte der ? intern eigentlich nicht zustĂ€ndige ? GeschĂ€ftsfĂŒhrer tĂ€tig werden mĂŒssen. Da er dies im konkreten Fall aber unterlassen hatte, wurde er ebenfalls verurteilt.
4.) Der Produktionsleiter, der den Einteilungsplan geschrieben hat
Der Produktionsleiter hatte Kenntnis von dem Ausbau der Sicherheitstechnik, und er hatte einen Arbeitsplan geschrieben, nach dem der Auszubildende an dieser Maschine eingeteilt wurde. Ihm wĂ€re es zumutbar gewesen, den Ausbildenden nicht zu der Arbeit an der Maschine einzuteilen. Er hĂ€tte mit Blick auf den Arbeitsschutz die Einteilung auch dann verweigern können und mĂŒssen, wenn er Sorge vor dem Verlust seines Arbeitsplatzes dadurch gehabt hĂ€tte.
5.) Der Abteilungsleiter, der die Sicherheitsmaßnahme außer Kraft gesetzt hat
Dem Abteilungsleiter war es auch zumutbar, die DurchfĂŒhrung des rechtswidrigen Auftrages zu verweigern und die Maschine stattdessen ordnungsgemĂ€ĂŸ mit vorgesehener Lichtschrankensicherheitseinrichtung zu versehen. Die Zumutbarkeit entfĂ€llt auch nicht dadurch, dass der Abteilungsleiter lediglich faktischer BefehlsempfĂ€nger gewesen ist. Es wĂ€re ihm trotz seines AngestelltenverhĂ€ltnisses gerade als Abteilungsleiter zumutbar gewesen, die Anweisung unter Berufung auf den Arbeitsschutz abzulehnen.
Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt fĂŒr Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)

Schutt, Waetke RechtsanwÀlte & FachanwÀlte - IT-Recht, Veranstaltungsrecht, Urheberrecht
Wir sind hoch spezialisiert auf die Bereiche Veranstaltung & Event, IT & Internet und Urheber & Medien.
Wir vertreten bundesweit Mandanten aus allen Branchen, insbesondere aber aus der Event-, IT- und Medienbranche.
Timo Schutt - Fachanwalt fĂŒr IT-Recht, Dozent
Thomas Waetke - Fachanwalt fĂŒr Urheber- und Medienrecht, Dozent & Buchautor

Unternehmensinformation / Kurzprofil:

Schutt, Waetke RechtsanwÀlte & FachanwÀlte - IT-Recht, Veranstaltungsrecht, Urheberrecht
Wir sind hoch spezialisiert auf die Bereiche Veranstaltung & Event, IT & Internet und Urheber & Medien.
Wir vertreten bundesweit Mandanten aus allen Branchen, insbesondere aber aus der Event-, IT- und Medienbranche.
Timo Schutt - Fachanwalt fĂŒr IT-Recht, Dozent
Thomas Waetke - Fachanwalt fĂŒr Urheber- und Medienrecht, Dozent & Buchautor



drucken  als PDF  an Freund senden  SchĂŒtzenhilfe und Stiller Star: Jahressieger 2013 stehen fest Digitaler Musikdienst von Rdio jetzt auf Google Chromecast erhĂ€ltlich
Bereitgestellt von Benutzer: PresseBox
Datum: 31.03.2014 - 15:23 Uhr
Sprache: Deutsch
News-ID 1040375
Anzahl Zeichen: 7145

Kontakt-Informationen:
Stadt:

Karlsruhe



Kategorie:

Vermischtes



Diese Pressemitteilung wurde bisher 0 mal aufgerufen.


Die Pressemitteilung mit dem Titel:
"Arbeitsschutzrechtliche Verantwortung beim Tod eines Auszubildenden"
steht unter der journalistisch-redaktionellen Verantwortung von

Schutt, Waetke - RechtsanwÀlte (Nachricht senden)

Beachten Sie bitte die weiteren Informationen zum Haftungsauschluß (gemĂ€ĂŸ TMG - TeleMedianGesetz) und dem Datenschutz (gemĂ€ĂŸ der DSGVO).

Sind Sie bereit fĂŒr die DSGVO- ...

Noch haben Unternehmen 7 Monate Zeit, um sich auf die neuen Anforderungen der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vorzubereiten. Das ist jetzt schon ziemlich wenig Zeit in Anbetracht der vielen Punkte, die es zu klĂ€ren und zu Ă€ndern gilt. Die Än ...

Suchmaschinen haften nicht fĂŒr Bilder ...

Das Anzeigen von urheberrechtlich geschĂŒtzten Bildern, die von Suchmaschinen im Internet aufgefunden worden sind, verletzt grundsĂ€tzlich keine Urheberrechte. Das hat das höchste deutsche Zivilgericht, der BGH, jetzt entschieden. Ein Suchmaschinenb ...

Alle Meldungen von Schutt, Waetke - RechtsanwÀlte