(ots) - Humor zählt nicht zu den hervorstechenden
Eigenschaften der selbsternannten Sprachhüter von der
"Sprachkritischen Aktion", die seit 1991 jeden Januar ein "Unwort des
Jahres" benennen. Und Sinn für Ironie erst recht nicht. Über die
Jahre hat sich die aus jeweils vier Sprachwissenschaftlern und einem
Journalisten bestehende Jury vor allem durch das geradezu giftige
Einfordern von politischer Korrektheit hervorgetan. Unvergessen, wie
das Quintett 1998 mit der Formulierung "sozialverträgliches
Frühableben" die pfiffige, von Late-Night-Talker Harald Schmidt in
seiner damaligen Sendung mit Wonne herbeizitierte Einlassung eines
sarkastischen Gesundheitspolitik-Kritikers schmallippig zum
Sprachvergehen des Jahres erhob. Seither wurde dem staunenden
Publikum so offensichtlich Ironisches wie das Wörtchen "Herdprämie"
und so absolut Ungebräuchliches wie das Partizip
"betriebsratsverseucht" zur Ächtung anempfohlen. In diesem Jahr nun
also steht nach dem Willen der Jury der Begriff "Sozialtourismus" am
Pranger. Himmel ja: Sozialtourismus! Ist doch ein lässiger, wunderbar
unaufgeregter Ausdruck für einen Sachverhalt, den nur leugnen kann,
wer die Welt für eine Bühne ausschließlich der edelsten Charaktere
hält. Nein: Auch das Erheben des Kompositums "Sozialtourismus" zum
Unwort zeugt von nichts Anderem als einem verbissenen
Weltverbesserungseifer - und von einem denkbar schlechten Gespür für
alles, was unseren Alltags-Sprech prägt. Wenn's nach den
Unwort-Polizisten ginge, wäre jede Form von Sprachwitz bereits reif
für den Index. Zum Glück geht's nicht nach ihnen.
Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Florian Giezewski
Regionalmanager
Telefon: 06131/485817
desk-zentral(at)vrm.de