(ots) - Ganz nackt liegt es vor uns, das Jahr 2014. Wie
wird es werden? Was wird passieren? Viel Gutes? Auch Schlechtes, gar
Schlimmes? Damit diese Unberechenbarkeit irgendwie auszuhalten ist,
versuchen viele Menschen einen Trick, um zumindest gefühlt ein wenig
Kontrolle zu behalten oder noch besser: positiv Einfluss nehmen zu
können. Sie fassen tolle Vorsätze. Sie nehmen sich vor, mehr Sport
zu machen, abzunehmen und weniger Alkohol zu trinken. Das sind dann
oft so mittelrealistische Vorsätze, die eher selten eingehalten
werden. Und was sich die meisten Baden-Württemberger für 2014
vornehmen, klingt noch unrealistischer: weniger Stress haben. Es
klingt sogar extrem ehrgeizig - ist aber dennoch nicht völlig
unmöglich. Die zunächst gute Nachricht lautet: Dank
Frauenzeitschriften, Apothekermagazinen und Glücksratgebern sind wir
alle längst Vorsatzexperten. Wir wissen, dass wir die Ziele so
konkret wie möglich setzen sollten. Statt "Mehr Sport" muss es also
heißen "Zweimal in der Woche Sport". Wir wissen, dass die Ziele am
besten etwas näher gesteckt werden sollten, um eine Minimalchance zu
bewahren, dass sie erreicht werden können. Statt zehn Kilo abnehmen
zu wollen, versuchen wir es also besser mit drei. Außerdem
formulieren wir das alles zur Motivationssteigerung natürlich
superpositiv. Und damit es auch wirklich klappt, werden knackige
Zwischenziele gesteckt, die alle belohnt werden: zum Beispiel mit
einem Gläschen Himbeerjoghurtdrink mit Minzblättern. Oder so. Die
schlechte Nachricht lautet: Trotz höchster Motivation sind die guten
Vorsätze im März in der Regel vergessen. Oder verdrängt. Dass sich
die meisten Menschen in Baden-Württemberg, das heißt mehr als jeder
Zweite, laut einer Umfrage der Deutschen Allgemeinen Krankenkasse
weniger Stress wünschen, macht die Sache mit den Vorsätzen noch
schwieriger. Beim Wunsch abzunehmen gibt's als Hindernisse nur
unseren Schweinehund, die Lust auf Schokokuchen und den Hintern, den
wir zum Joggen nicht hochbekommen. Beim Wunsch, Stress zu vermeiden,
gibt es unseren Schweinehund, unseren Perfektionismus, unsere
Unfähigkeit "Nein" zu sagen, den fordernden Chef, die schwierigen
Kollegen, 153 Mails täglich, Feierabendstau, mal wartende Kinder und
Hunde zuhause, mal kranke Freunde oder Verwandte Und vor allem: eine
Gesellschaft, in der immer schneller immer mehr geleistet werden
soll, für - im schlimmsten Fall - immer weniger Geld. Das große Ganze
stresst also, und da erscheint es sinnlos, als Einzelner ausbrechen
zu wollen. Und es kommt einem geradezu albern vor, täglich durch die
Gegend zu hetzen, um sich einmal wöchentlich einen Ausgleich zu
verordnen, im Yoga die Kobra zu machen und zu meinen, danach sei
alles gut. Ist es nicht. Um es mit den Worten des renommierten
Soziologen Hartmut Rosa zu sagen: Es bräuchte eigentlich eine
Revolution. Das ganze System gehört auf den Kopf gestellt. Da dies
allerdings fürs Erste utopisch bleibt, empfiehlt er Folgendes:
Resonanzoasen suchen. Einfacher ausgedrückt heißt es, dass wir zum
Ausgleich Dinge machen sollten, die wir gern tun, die Spaß machen,
bei denen wir die Zeit vergessen, bei denen etwas zurückkommt. Das
kann heißen, dass der eine sonntags wieder öfters seine alte Gitarre
auspackt und dem Weinregal was von den Dire Straits vorschreddert
statt brav den Keller aufzuräumen. Die andere schwänzt vielleicht
künftig den ohnehin etwas krampfigen Kollegenstammtisch und fährt
dafür wieder mit dem Mountainbike durch den matschigen Wald, riecht
die feuchten Tannennadeln und saut sich mit großem Vergnügen ein. So
könnte für 2014 ein schöner, gar nicht so unrealistischer Vorsatz
lauten: Machen wir so oft wie möglich das, was wir gerne tun.
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