(ots) - Michael Hulton: "Dass die Museen mit dem
Museumsprojekt die Provenienzforschung vorantreiben wollen, ist
grundsätzlich begrüßenswert. Wir als Erben können das Projekt jedoch
nicht unterstützen, weil wir von den beteiligten Museen nicht
einbezogen wurden und weil das Verhalten einiger Einrichtungen in
keiner Weise den Grundsätzen der "Gemeinsamen Erklärung" von 1999
entspricht."
Mel Urbach: "Wir schätzen die gute Kooperation, die wir mit vielen
deutschen und ausländischen Museen haben. Gleiches gilt für den
Kunstmarkt, Händler, Auktionshäuser und - in zunehmendem Maße - auch
für Privatsammler, die für das Thema "Flechtheim" mittlerweile offen
und sensibilisiert sind."
Markus Stötzel: "Wir fordern, dass die 1999 in der "Gemeinsamen
Erklärung" festgelegten Grundsätze konsequent von allen Einrichtungen
angewendet werden und dass die Museen die Geschichte Alfred
Flechtheims nicht einseitig schreiben und für sich vereinnahmen."
Im Düsseldorfer Kunstpalast wurde heute das Museumsprojekt "Alfred
Flechtheim.com | Kunsthändler der Avantgarde", vorgestellt. Das
Projekt soll die Wege der Kunstwerke in die Museen aufzeigen, die
einst im Besitz von Alfred Flechtheim waren, und auch an das
Schicksal des Kunsthändlers Flechtheim erinnern.
Die Flechtheim-Erben, die in das Museumsprojekt nicht mit
einbezogen wurden, sehen das Projekt kritisch. Um die Beweggründe
hierfür zu erläutern, hat Michael Hulton, einer der beiden Erben,
heute persönlich zu einer Pressekonferenz in Düsseldorf eingeladen.
Auch wenn die Würdigung Alfred Flechtheims als maßgeblicher
Wegbereiter und Förderer der klassischen Moderne in Deutschland im
Rahmen eines übergreifenden Museumsprojektes etwas grundsätzlich
Begrüßenswertes ist, sind die Flechtheim-Erben enttäuscht über die
Vorgehensweise der Ausstellungsmacher.
Sie hätten erwartet, dass die Museen sich bei solch einem
bedeutenden Projekt frühzeitig an sie gewandt und man ihnen die
Gelegenheit gegeben hätte, sich als Repräsentanten der Familie und
mit ihrem Wissen aufgrund eigener Forschung mit einzubringen. Auch
hätte man externe Experten wie beispielsweise Dr. Stephan von Wiese,
einer der besten Flechtheim-Kenner und Mitorganisator der großen
Flechtheim-Retrospektive von 1987 und Ralph Jentsch,
Nachlassverwalter von George Grosz, der seit mehr als zwanzig Jahren
auch zu Flechtheim forscht, einbinden können. All dies wurde leider
versäumt.
Im Übrigen verweigern die an dem Projekt beteiligten
Staatsgemäldesammlungen in München und in Düsseldorf bis heute den
Dialog mit den Erben in Bezug auf die anhängigen oder bereits früher
geltend gemachten Restitutionsersuche. Deswegen haben die Erben
Flechtheims beschlossen, Abstand von einer Teilnahme an der
Pressekonferenz der Museen anlässlich des Projektstarts zu nehmen.
Die Restitutionsersuche der Flechtheim-Erben betreffen dabei unter
anderem verschiedene Arbeiten von Max Beckmann, Juan Gris und Paul
Klee in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München sowie aus
dem Bestand der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen.
Die Erben haben bereits im Jahre 2008 damit begonnen, eigene
Forschungen zu der unter Zwang und aufgrund rassischer Verfolgung
Flechtheims als Jude und als Verfechter der von den
Nationalsozialisten als "entartet" diffamierten Kunst aufgelösten
Sammlung Flechtheim anzustellen. Parallel dazu wurden, unter Hinweis
und Berufung auf das sog. "Washingtoner Abkommen" zu
NS-Raubkunstverlusten von 1998 und des deutschen Pendants in Gestalt
der sog. "Gemeinsamen Erklärung von Bund, Ländern und kommunalen
Spitzenverbänden zur Auffindung und Rückgabe von
NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern, insbesondere aus
jüdischem Besitz" (Dezember 1999) Museen und öffentliche
Einrichtungen in Deutschland angesprochen und gebeten, ihrerseits
Forschungen anzustellen.
Seither konnte in einer Reihe von Fällen und mit der großen
Mehrzahl der angefragten Museen, welche sich offen und kooperativ
gezeigt haben, eine Klärung der offenen Fragen zu einer Reihe von
Kunstwerken herbeigeführt werden.
In München und Düsseldorf beruft man sich jedoch bis heute auf
angeblich ungeklärte Eigentumsverhältnisse an den betroffenen Bildern
und auf Lücken in der Provenienz, was im Falle Münchens bereits zur
Ablehnung der Restitutionsansprüche führte und was Düsseldorf dazu
bewogen hat, eine Entscheidung mit Hinweis auf weiteren
Forschungsbedarf bis auf Weiteres hinauszuzögern.
Die Flechtheim-Erben fordern in diesem Zusammenhang daher hier und
heute erneut das ein, was die "Gemeinsame Erklärung" seit langem
zugrunde legt und wozu Einrichtungen und deren Träger sich
verpflichtet haben: Transparenz bei der Aufarbeitung von
Verdachtsfällen, aktives Zugehen der Einrichtungen auf Erben, eine
faire Behandlung und - eine Selbstverständlichkeit - einen offenen
und vorurteilsfreien Dialog miteinander.
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